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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

Neue Entscheidung zur Unwirksamkeit von Kettenbefristungen im Hochschulbereich des LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.05.2013, Az. 6 Sa 20/13:erfolgreiche Befristungskontrollklage einer Lehrbeauftragten für besondere Aufgaben (LfbA) an der Fachhochschule Kaiserslautern

 

Sachverhalt:

Die Klägerin trat im Juni 2003 zunächst als teilzeitbeschäftigte Assistentin im Fachbereich BWL der Fachhochschule Kaiserslautern in die Dienste des beklagten Landes ein. Der Vertrag zur Elternzeitvertretung war zunächst bis zum 29.09.2003 befristet. Mit Nachtragsverträgen folgten weitere fünf befristete Arbeitsverträge. Ab September 2009 schlossen die Parteien sechs weitere halbjährlich befristete Arbeitsverträge über die Tätigkeit der Klägerin als LfbA im Fachbereich BWL, jeweils unter Angabe des Befristungsgrundes "Urlaubsvertretung". Der letzte befristete Arbeitsvertrag mit dem Sachgrund "Urlaubsvertretung" vom 22.02.2012 war vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 befristet. Die Klägerin war teilweise schon seit mehreren Jahren für verschiedene Vorlesungen verantwortlich, hielt Übungen und sonstige Lehrveranstaltungen ab.

 

Entscheidungsgründe:

Das LAG bestätigte das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - und entschied, dass die im letzten Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung unwirksam sei und das Arbeitsverhältnis somit nicht zum 31.08.2012 beendet habe. Die Sachgrundbefristung "Urlaubsvertretung" sei vorliegend nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt. Zwar stelle die Vertretung einen möglichen Sachgrund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses dar. Der die Befristung rechtfertigende sachliche Grund liege in Vertretungsfällen darin, dass für die Wahrnehmung der Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vorneherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis bestehe, weil der Arbeitgeber mit der Rückkehr des ausgefallenen Mitarbeiters rechne. Im Falle der unmittelbaren Vertretung müsse der Arbeitgeber darlegen, dass der befristet zur Vertretung beschäftigte Arbeitnehmer mit den Aufgaben des vorübergehend abwesenden Mitarbeiters betraut sei. Im Falle der mittelbaren Vertretung müsse der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs die Vertretungskette oder aber die konkreten Umstände einer Um- bzw. Neuverteilung der Aufgaben darlegen. Auch wenn der Vertreter Aufgaben wahrnimmt, die der abwesende Mitarbeiter nie ausgeübt hat, kann der Kausalzusammenhang, den der Arbeitgeber darzulegen hat, dann gewahrt sein, wenn die Einstellung tatsächlich auf der Abwesenheit des anderen Mitarbeiters beruht, die Vertreteraufgaben dem vorübergehend abwesenden Mitarbeiter erkennbar gedanklich zuordenbar sind. Selbst ein ständiger Vertretungsbedarf stehe einer Sachgrundbefristung nicht entgegen. Entscheid sei, ob die letzte Befristungsabrede wirksam sei. Eine unwirksame, da nur vorgeschobene Dauervertretung liege aber vor, wenn der Arbeitgeber bereits bei Vertragsschluss beabsichtige, den befristet beschäftigten Arbeitnehmer für weitere noch gar nicht absehbare Vertretungsfälle auf Dauer zu beschäftigen. Ob hier eine unzulässige Dauervertretung vorliege, bedurfte keine Entscheidung, da das beklagte Land bereits den behaupteten (unmittelbaren oder mittelbaren) Vertretungsfall nicht ausreichend dargelegt habe. Das Land habe weder eine Vertretungskette noch eine Umorganisation der Aufgaben mit erkennbarer Zuordnung in Bezug auf die Klägerin schlüssig dargetan. Weiter sei auch der Sachgrund der "Gesamtvertretung" nicht gegeben, da das beklagte Land weder den Kausalzusammenhang noch den Gesamtvertretungsbedarf dargelegt habe.

Daher die letzte Befristungsabrede unwirksam sein, könne dahinstehen, ob ausreichende Anhaltspunkte für einen institutionellen Rechtsmissbrauch der Vertretungsbefristung gegeben seien. Hierzu hatte die Klägerin vorgetragen, dass von 1.120 Semesterwochenstunden im Fachbereich BWL an der FH Kaiserslautern pro Jahr 300 (!) Semesterwochenstunden nicht von ordentlichen Professoren, sondern überwiegend von Lehrbeauftragten abgehalten würden.

 

Fazit:

Die rechtliche Überprüfung einer Befristungsabrede kann sich insbesondere bei an Hochschulen üblichen Kettenbefristungsverträgen lohnen.

 

von RAin Marion Andrae
Juli 2013

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