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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

(Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 09.01.13, Aktenzeichen 113 C 28/12 - Entscheidung im Volltext) 

Das Amtsgericht Bonn hatte sich in seinem vorgenannten Urteil mit der im Titel genannten Bewertungszeile, verbunden mit einem negativen Bewertungspunkt zu befassen.  

Der dort bewertende und auf Löschung der Bewertung in Anspruch genommene Beklagte hatte zwei Steuergeräte von der Klägerin erworben. Ohne sich zwischenzeitlich mit dieser in Verbindung zu setzen, bewertete er dann im eBay-Forum wie aus der Titelzeile ersichtlich.  

Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass es insofern unerheblich sei, ob nun ein Defekt an den Steuergeräten vorliege oder nicht. Sie gab an, Mängelgewährleistungsansprüche niemals zurückgewiesen und daher diese Bewertung nicht verdient zu haben. Der Beklagte habe ihr gar keine Gelegenheit gegeben, das Problem zu beheben, sie vor Abgabe der Bewertung gar nicht über ein etwa bestehendes Problem informiert. Außerdem enthalte die Bewertung Schmähkritik, da ihr als Klägerin hier unseriöses Handeln vorgeworfen würde.  

Der Beklagte war der Auffassung, dass die Steuergeräte defekt und daher seine Bewertung wahr und unangreifbar seien. Eine Pflicht, die Klägerin vor der Bewertung zu kontaktieren, habe er nicht.  

Das Gericht gab der Klage statt. Dies geschah nun aber nicht allein aufgrund des Umstandes, dass der Beklagte ohne vorherige Rüge negativ bewertet hatte, sondern mit der Begründung, dass der Beklagte sich nicht darauf beschränkt hatte, die Tatsache mitzuteilen, dass die Steuergeräte defekt seien und er vielmehr seine Äußerungen in einer Weise ergänzt habe, die den Löschungsanspruch begründen könnten. Die Bewertung sei nämlich geeignet, ein falsches Bild von den Leistungen der Klägerin entstehen zu lassen und Kundschaft aufgrund von Fehlschlüssen davon abzuhalten, bei der Klägerin zu kaufen. Es konnte nach Ansicht des Gerichts daher dahinstehen, ob die Steuergeräte nun tatsächlich defekt waren oder nicht. Diese Frage wurde überhaupt nicht näher geprüft. Die Bewertung war hier also zu löschen, weil der Beklagte dem Kunden riet „lieber woanders“ zu kaufen und auch mit dem Ausruf „Vorsicht“ warnte. Er hat also zur „Vertragstreue der Klägerin“ eine negative Aussage getroffen. Dritte, die diese Bewertung lesen, fühlen sich also vor dem Geschäftsgebaren der Klägerin gewarnt und nicht davor, dass in dem konkreten Fall defekte Steuergeräte geliefert wurden. Dies allein erkläre für einen Dritten die Schärfe der Beurteilung nicht. 

Das Gericht schließt in seiner Begründung nicht aus, dass man über Defekte an Waren in Bewertungen Aussagen treffen darf, ohne vorher mit dem Verkäufer verhandelt zu haben. Allerdings dürfe man dies dann nur in einer sehr sachlichen und grundlegenden Art und Weise tun und dies nicht mit Wertungen zum Verhalten des Verkäufers verbinden, die für diesen nachteilig wären. Wolle man den Verkäufer wegen des Defekts angreifen, müsse man ihm schon vorab Gelegenheit geben (dies sei ein „Gebot der Fairness“) einen begangenen „Fehler wieder gut zu machen“. Es sei jedem Laien ohne Weiteres ersichtlich, dass er in einer Situation, in der er dem Verkäufer keine Gelegenheit hierzu gegeben hatte, bei seinen Bewertungen jedenfalls starke Rücksicht üben müsse.  

Das Urteil ist derzeit noch nicht rechtskräftig (Stand:15.01.2013).  

 

Anmerkung des Autors zur Entscheidung: 

Das Gericht hat hier den „richtigen Weg“ beschritten, um den Verkäufern auf eBay wieder ein Stück Fairness zurück zu geben. Mancher Käufer nutzt die ihm von Seiten des Plattformbetreibers belassene Freiheit in unfairer Weise zum Nachteil des Verkäufers aus. Die Gerichte müssen hierzu immer wieder angerufen werden, um dann Klarheit und Fairness zurück zu bringen. Den Schaden, den solche unfairen Bewertungen allerdings auslösen (im Falle eines Verfahrens sind diese immer mehrere Monate online zu sehen) kann allein die Löschung aber nicht beseitigen. Ob Schadensersatz verlangt werden kann, steht „auf dem viel beschriebenen anderen Blatt“. Daher ist es erfreulich und allgemein wünschenswert, dass Gerichte wie das Vorliegende auch einmal in der Tat die Perspektive des Verkäufers würdigen und auch das Gebot der Sachlichkeit und Fairness in ihrer Beurteilung hereinnehmen, wie es schon im § 6 der eBay AGB zu den Regelungen bei Bewertungen vorgesehen ist.  

Dies hat das AG Bonn hier in einem Fall getan, der so oder in ähnlicher Form immer wieder vorkommt. Der Kunde ärgert sich über den Verkäufer oder das Produkt und „rügt“ einen bestehenden, vermeintlichen oder auch nur gedachten Mangel nicht auf dem vorgesehenen Weg (nämlich als Aufforderungen zur Nacherfüllung ggü. dem Verkäufer) sondern gleich im Rahmen einer negativen Bewertung. Oft ist dem Kunden dabei nicht bewusst, wie viel Schaden er dem Verkäufer damit zufügen kann, ohne dass dieser Gelegenheit hatte diese Situation zu vermeiden. 

Zwar wäre aus Sicht des Verfassers hier nun eine etwas weitergehende Entscheidung wünschenswert gewesen, nämlich dahingehend, dass es im Grunde einem Verbraucher der einen Verkäufer wegen eines Produktfehlers negativ bewerten will, insgesamt untersagt sein sollte, dies zu tun, ohne dass er vorher versucht hat, seine vermeintlichen Mängelansprüche einmal gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht hat. Unabhängig von der Frage, ob er sich nun ausreichend zurückhaltend bei der Wortwahl seiner Bewertung gezeigt hat, richtet den wahren Schaden nämlich der negative Bewertungspunkt (roter Punkt links neben der Bewertung) an. Dieser ist rechnerisch für die Verkäuferzufriedenheitsprozentzahl auf eBay und auch für sonstige Einstufungen des Verkäufers in der internen eBay-Wertung verantwortlich. Aber auch wenn er sich zurückhaltend im Text äußert ist allein mit der Wahl eines „roten Bewertungspunktes“ schon ein Verdikt verbunden, was die Verkäuferperformance negativ darstellt. Die Zurückhaltung im Sinne der Fairness, wie das AG Bonn sie geboten sah, wäre also nur dann gewahrt, wenn der Kunde zwar über seine Probleme berichtet, dies aber in sachlicher Sprache und ohne negativen oder neutralen Bewertungspunkt tut. So sieht dies offensichtlich auch eBay, was den allgemeinen Aussagen auf den Hilfeseiten zu entnehmen ist.

Das Amtsgericht Bonn bietet somit allerdings sehr wohl eine Grundlage in Zukunft dahingehend zu argumentieren, dass das Gebot der Zurückhaltung im Rahmen der Fairness sich hier auch auf die Auswahl zwischen dem grünen, dem grauen und dem roten Bewertungspunkt erstrecken muss. Auf eine entsprechende Entwicklung in der Rechtsprechung darf man hoffen.

 
 

Autor: RA Florian Decker

 

 

 

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