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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

 

„Versandwucher! Auf Rückfragen unverschämte Massenmails und miese Telefonate. 6-“

kann als Negativbewertung nach Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 19.05.10 so nicht stehen bleiben.

 

von Rechtsanwalt Florian Decker

 

 

In einem Verfahren, dass beim Amtsgericht Saarbrücken unter dem Aktenzeichen 4 C 514/09 (04) geführt wurde hatte der Kläger die ihm vom Beklagten erteilte Negativbewertung mit dem Inhalt: „Versandwucher! Auf Rückfragen unverschämte Massenmails und miese Telefonate 6-“, nachdem der Beklagte außergerichtlich kein Einsehen hatte, gerichtlich angreifen müssen, um eine Löschung auf der Onlineauktionsplattform eBay (Bewertungsforum) zu erreichen. Die Klage hatte Erfolg.

 

Wie jenen, die die Internetauktionsplattform eBay als Verkäufer nutzen aus leidvoller Erfahrung bekannt sein dürfte, hat die Änderung der eBay-AGB von Anfang des Jahres 2008 dazu geführt, dass Käufer, die mit keiner Gegenbewertung des Verkäufers mehr zu rechnen haben, teilweise recht willkürlich, jedenfalls aber oft ohne Angst vor Gegenwehr und in überzogener Weise negative (und manchmal auch neutrale) Bewertungen abgeben, die mit dem wahren Ablauf des geschäftlichen Kontakts nichts mehr zu tun haben. Enthalten sind darin zum Teil unwahre Tatsachenangaben und zu einem wohl mindestens ebenso großen Teil Aussagen, die zumindest nach außen hin als Meinungsäußerung erscheinen aber keinerlei sachliche Grundlage haben.

 

 

Allgemein kommen aufgrund solcher Bewertungen Löschungsansprüche zum einen auf vertraglicher Grundlage und zum anderen auf deliktsrechtlicher Grundlage in Betracht. Aus vertraglicher Sicht ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischenzeitlich wohl als unstreitig zu betrachten, dass die Regelungen der eBay-AGB, da sie von beiden Vertragsparteien beim Einrichten des Accounts akzeptiert wurden, als Nebenpflichten auch Teil der über die Plattform geschlossenen Kaufverträge werden. Verletzt jemand diese Nebenpflichten, macht er sich nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig. In den eBay-AGB heißt es unter § 6 nun unter anderem, dass nur sachlich kommentiert werden darf. Entbehrt also z. B. ein Bewertungskommentar einer solchen sachlichen Grundlage, kann er, auch wenn er ansonsten als Meinungsäußerung erscheint, gleichwohl eine Nebenpflichtverletzung darstellen und damit rechtswidrig sein. Nach § 280 i. V. m. 249 BGB lässt sich so ein Löschungsanspruch des bewerteten Verkäufers begründen.

 

Weitere Grundlage kann sein, ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder in den eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb. Ein solcher begründet unter vorliegend der weiteren Voraussetzung unter Umständen einen Löschungsanspruch nach § 823 i. V. m. § 1004 BGB (analog).

 

Vorliegend wurde eben jene deliktsrechtliche Grundlage für den Löschungsanspruch vom Amtsgericht Saarbrücken bejaht. Das Gericht begründet die Entscheidung wie folgt:

 

„ Durch diese Kommentare hat der Beklagte die Rechte des Klägers auf Ausübung seines Gewerbes verletzt und ihn in seiner persönlichen Ehre verletzt. Der Kommentar beinhaltet nicht die Darstellung eines konkreten Handelns des Klägers sondern eine globale und undifferenzierte Wahrnehmung vor dem Kläger, der durch zwei Ausrufzeichen eine besondere Dringlichkeit beigegeben wird. Der Verkäufer wird damit aus unbekannten Gründen als unseriös qualifiziert. Die Beurteilung ist negativ und beinhaltet, weil die ungestörte Gewerbeausübung und zukünftige Verkaufsaktion von vorne herein tangiert werden, einen Eingriff in absolut geschützte Rechte. Unstreitig hat der Beklagte den Kommentar abgegeben und somit den Eingriff veranlasst; er ist also Handlungsstörer im Sinne des § 1004 BGB. Eine Rechtfertigung für diese Form der Beurteilung ist nicht gegeben. Die Beurteilung wäre dann zulässig, wenn dem Leser nachvollziehbar die Hintergründe dargestellt würden und die geschilderten Tatsachen zutreffen würden. Vorliegend suggeriert der Beurteilungskommentar unseriöses Handeln ohne nachvollziehbaren Grund, so dass er bereits von daher überzogen und unzulässig ist. Darüber hinaus ist der Kommentar auch im Kern nicht vertretbar, da der Beklagte im Wege der Auktion von dem Kläger das erhalten hat, was von diesem angeboten wurde. Die Ware entsprach der Geschuldeten. Insbesondere waren auch die Verpackungs- und Versandkosten mit 1,90 € so, wie später berechnet, angegeben worden. Auf die Bewertung „auf Rückfrage unverschämte Massenmails und miese Telefonate“ ist nicht gerechtfertigt. Massenmails sind vom Beklagten nicht dargelegt und bewiesen worden. Ebenfalls fehlt es an Darlegungen, in welcher Form diese unverschämte und eventuelle Telefonate mies gewesen sein sollen. Ein Rechtfertigungsgrund für solche Bewertungen, die geeignet sind, dem Kläger ein unseriöses Handeln vorzuwerfen, sind nicht gegeben.“

 

Die Bewertung war hier ein Streit zwischen den Kaufvertragsparteien vorausgegangen, der per E-Mail geführt wurde. Dieser betraf die Beschwerde des Beklagten, dass er Ware zum Preis von unter

10,00 € gekauft habe und er dafür 1,90 € bezahlen musste. Ihn störte daran, dass der Brief, der die Ware enthielt, mit nur 0,55 € frankiert war. Das Missverständnis von Versandkosten in Relation zu den von dem Versandunternehmen verlangten Entgelt hatten die Parteien hier nicht aufklären können, so dass sich der Beklagte zu der letztlich erst nach gerichtlicher Intervention gelöschten Bewertung hinreisen ließ.

 

Das berufungsfähige Urteil wurde vom Beklagten (zu Recht) nicht angegriffen und ist daher nach Ablauf der Berufungsfrist rechtskräftig geworden.

 

 

Die Entscheidung stellt ein neues Beispiel dafür dar, wie sehr die Bewertungspraxis auf der Internetauktionsplattform eBay ausgeartet ist, seit besagte AGB-Änderung vorgenommen wurde. Die Entwicklung ist vor allem für die gewerblichen Händler sehr ärgerlich, die aufgrund der großen wirtschaftlichen Bewertung des eBay-Geschäfts an die Plattform gebunden sind und gleichzeitig durch die unzureichenden Regelungen um die Bewertungsplattform, welche leider einen großen Einfluss auf das Fortkommen des Unternehmers bei eBay hat, in nicht zu rechtfertigender Weise gehemmt werden. Die Firma eBay selbst nimmt sich zusehends aus den Diskussionen zwischen den Parteien um die Rechtfertigung von Bewertungen heraus und zieht sich ganz formal auf die Regelungen in den AGB zurück, wonach nur in einzelnen, seltenen, Fällen ein Handeln von eBay selbst geschuldet ist. Wie lange sich die eBay-Händler dieses Vorgehen noch gefallen lassen, bleibt abzuwarten.

 

 

 

 

 

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