RAe Andrae & Simmer GbR
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Rechtsanwälte Andrae & Simmer
Für die großen wie für die kleinen „Spieler“auf dem Markte der KFZ wird der internationale Absatzmarkt stetig wichtiger. Die zusammenwachsende Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hat das Ihre dazu getan, den grenzüberschreitenden Warenverkehr und damit auch den Kfz-Kauf über Ländergrenzen hinweg zu einem Alltagserlebnis werden zu lassen. Trotz allen Zusammengehörigkeitsgefühls und allen Willens zur Öffnung der Märkte, darf man aber als Händler an dieser Stelle niemals aus den Augen verlieren, dass in anderen EU-Staaten doch oft noch andere rechtliche Systeme herrschen („andere Länder, andere Sitten“), die man zumindest teilweise kennen und beherrschen muss, will man sich im Ausland neue Pfründe sichern. Die Europäische Union (EU) ist hier stetig bemüht diese Unterschiede zu mindern und hat hierzu bereits viele gemeinsame Regeln geschaffen, allerdings noch keine rechtliche Vollharmonisierung des Warenverkehrsrechts im EU-Binnenmarkt erreicht. Es kann daher im Grenzverkehr durchaus geschehen, dass sich die eine oder andere Vertragspartei, je nach zuständigem Gerichtsstand –und gemäß der Regeln des internationalen Privatrechts in einem anderen Land vor Gericht wiederfindet und dann mit dem dort geltenden Prozessrecht und ggf. auch dem dort geltenden Warenverkehrsrecht / Kaufrecht / Handelsrecht konfrontiert sieht, dass ihm fremd ist. Insbesondere die Bestimmung des zuständigen Gerichtes (Gerichtsstand) bereitet den Juristen oft Kopfzerbrechen und bringt für die Unternehmer als Streitpartei durchaus ernstzunehmende Konsequenzen mit sich.

Als konkretes Beispiel sei auf die Situation verwiesen, die zum Beispiel der Europäische Gerichtshof (EUGH) (17.10.2013 - RS C-218/12) zum Gegenstand einer Entscheidung hatte und bei deren Gelegenheit er sich mit den Regeln der bereits vor 13 Jahren vom Europagesetzgeber geschaffenen EG-Verordnung 44/2001 zu befassen hatte. Die Verordnung ist unter den Kurzbezeichnungen EuGVVO, EuGVO oder auch Brüssel I bekannt geworden. Sie regelt unter Anderem die internationale Zuständigkeit der Gerichte gegenüber einem Beklagten, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der EU hat. Ihre aktuell 76 Artikel werden seither durch die Rechtsprechung fortgebildet und ausgelegt. So aktuell durch den EUGH auch der Art. 15 EGVO. Danach kann ein Verbraucher im Heimatstaat den unternehmerischen Verkäufer beweglicher Sachen (so auch Kfz) verklagen, wenn der Unternehmer im Wohnsitzstaat des Verbrauchers zwar nicht selbst sitzt, aber seine gewerbliche Tätigkeit auf irgend einem Wege auf diesen Mitgliedstaat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Im Kontext Internet hat der EUGH hierzu nun entscheiden, dass das zum Ausrichten der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers –im Sinne des Art. 15 Abs.1 lit. c (siehe vorstehend) –ausreiche, wenn diese Einrichtung mit irgendwelchen (werblichen) Mitteln erfolgt. Es sei dabei nicht zwingend notwendig, ob diese Mittel dann auch letztlich in einer ursächlichen Beziehung dazu steht, dass ein ausländischer Verbraucher ein Geschäft mit dem werbenden (Autohaus) abschließt. Wörtlich heißt es dazu in der Entscheidung: Erstens ist festzustellen, dass nach Art. 15 I c EGVO Nr.44/2001 die Anwendung dieser Vorschrift nicht ausdrücklich von einer solchen Kausalität abhängt. Zweitens ist im Rahmen einer teleologischen Auslegung von Art. 15 I c EGVO Nr.44/2001 zu bemerken, dass die zusätzliche ungeschriebene Voraussetzung eines Kausalzusammenhangs dem mit dieser Bestimmung verfolgten Ziel zuwiderliefe, das im Schutz der Verbraucher besteht, die bei Verträgen mit einem Gewerbetreibenden als schwächere Vertragspartei gelten.

Es könnte also nach dieser Rechtssprechung schon ausreichen, wenn der deutsche Unternehmer seine Internetseite auch in englischer Übersetzung anbietet, den Versand der gekauften Kfz nach England und so seine Tätigkeit auf den dortigen Markt ausrichtet. Es könnte dann bereits der Verbraucher sich auf einen englischen Gerichtsstand stützen, auch wenn er nicht über die Internetseite kaufte sondern etwa auf mündliche Empfehlung die Order per Telefon absetzte und die Telefonnummer gar nicht gesondert von dem Händler in England publik gemacht worden war. So kann es geschehen, dass sich das deutsche Autohaus unbeabsichtigt einem Sturz ins kalte Wasser eines fremden Rechtskreises sowie der Notwendigkeit eines Besuchs beim ausländischen Gericht ausgesetzt sieht, mit allen damit verbundenen Unsicherheiten. Die „Moral“dieser „Geschichte“muss also sein: Man suche sich als Händler sehr genau aus, welche Werbemittel man einsetzen möchte, um eine internationale Ausrichtung bzw. deren Annahme durch ein Gericht nicht unbeabsichtigt und unvorbereitet herbeizuführen. Wer Internationalität nur vortäuschen will, kann hier rasch in unsichere Gewässer geraten.

RA Decker, Dezember 2013
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