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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

BGH 2013: Nachbesserungsverlangen beim Kauf eines Neuwagens und trotzdem Rücktritt?

Folgend auf LG Bochum - Urteil vom 23. Februar 2011 –6 O 151/10 und OLG Hamm - Urteil vom 10. November 2011 –I-2 U 68/11 entschied der Bundesgerichtshof nun in seinem Urteil vom 6. Februar 2013 - VIII ZR 374/11 im Wege der Revision über einen Fall, der 2009 bei einer BMW-Vertragshändlerin begann.

Dabei hatte er die Frage zu beantworten, ob sich der Käufer eines Neuwagens (hier ein BMW 320d zum Preis von 39.000 €) noch auf die fehlende Fabrikneuheit des Fahrzeugs berufen kann, wenn er das ihm angebotene Kfz nicht generell abgelehnt hat, obwohl er wahrnahm, dass dessen Lackierung und Karosserie beschädigt waren. Konkret hatte der Käufer zunächst eine Beseitigung der Schäden verlangt, welche dann aber nur unzureichend gelungen ist.

Nach Bestellung im September hatte er die Abnahme im Dezember abgelehnt und Schadenbeseitigung (Nacherfüllung also) verlangt. Als diese bis Januar 2010 erfolgt war erklärte er, sie sei „nicht ordnungsgemäß“, trat er vom Kauf zurück, lehnte eine Abnahme des Kfz ab und verlangte seine Anzahlung von 10000 €zurück. Diese musste er aber klageweise einfordern, weil die Verkäuferin sich darauf stützte, dass das Fahrzeug nunmehr mangelfrei sei.

Das LG Bochum verurteilte die Verkäuferin zur Rückzahlung des Vorschusses. Das OLG Hamm drehte sich in die andere Richtung und wies die Klage in der Berufung ab. Der Kläger hatte sich zur Rücktrittsbegründung nämlich vornehmlich darauf gestützt, dass das Fahrzeug von Anfang an ja offenbar nicht mehr fabrikneu gewesen sei. Darauf könne er sich aber nicht mehr stützen, so die Hammer Richter, da er ja schließlich Nachbesserung verlangt habe und die verbliebenen Mängel nur optischer Natur seien und kaum wahrnehmbar. Diese Situation reiche für einen Rücktritt nicht aus, auch wenn die vollständige Behebung der Mängel Kosten von bis zu sieben Prozent des Kaufpreises verursachen könnte (was ja eigentlich einen erheblichen Mangel und damit einen Rücktrittsgrund annehmen lassen könnte).

Mit seiner Revision zum Bundesgerichtshof hatte der Kläger nun aber wieder Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Käufer eines Neuwagens grundsätzlich erwarten kann, dass die von ihm verlangte Nachbesserung technisch den Zustand herbeiführt, der dem werksseitigen Auslieferungsstandard entspricht. Verlange Neuwagenkäufer also die Beseitigung von Mängeln, so verzichte er damit keineswegs darauf letztlich auch einen Neuwagen zu erhalten, der die vereinbarte Beschaffenheit habe, also fabrikneu sei. Wenn die Nachbesserung hier also das Fahrzeug wieder in einen Zustand versetzt hätte, der dem Zustand entsprochen hätte, der normalerweise beim Verlassen der Werkshalle besteht, so wäre noch eine „fabrikneue“Übergabe möglich. Da das vorliegend nicht erreicht wurde, konnte der Käufer zurücktreten. Der Mangel sei vorliegend auch erheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB gewesen, denn der als Beschaffenheit vereinbarte fabrikneue Zustand des Fahrzeugs sei ein maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Kaufentscheidung und spiele auch wirtschaftlich eine Rolle, da Fahrzeuge, die nicht mehr als fabrikneu gelten, mit deutlichen Preisabschlägen gehandelt würden.

Das Urteil des OLG Hamm wurde aufgehoben. Der BGH verwies die Sache zur Neuentscheidung nach Hamm zurück. Das OLG Hamm wird nun jedenfalls aus dem bisherigen Grund die Klage nicht wieder abweisen können.

von RA Florian Decker
März 2013
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