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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

OLG Frankfurt - Rücktritt bei reparaturresistentem Geräusch am Neuwagen-Unterboden

In einem Fall, den zunächst das LG Frankfurt am Main (Urt. v. 29.12.2011 - 2/25 O 159/10) zu entscheiden hatte, war das OLG Frankfurt am Main nun als Berufungsgericht gefragt. In seinem Urteil vom 28.2.2013 zu Aktenzeichen 3 U 18/12 hat das OLG erklärt, dass der beklagte Autohersteller das streitgegenständliche Neufahrzeug zurücknehmen muss, welches nach mehreren Reparaturversuchen immer noch klapperte.

Der Kläger hatte bei einer Herstellerniederlassung den Neuwagen für rund 33.000 Euro erworben und ihn Ende Januar 2008 erhalten. Danach rügte der Kläger und Käufer eine große Zahl verschiedener Mängel. Nur einen Teil davon konnte der Verkäufer beheben. Im Juli 2009 sodann bemängelte der Kläger erstmals das letztlich "entscheidende" klappernde Geräusch am Unterboden. Hiernach nahm die Beklagte mehrfach Nachbesserungsversuche vor, blieb damit indes erfolglos. Dabei war es streitig ob - wie der Kläger behauptete - das Fahrzeug letztlich 22 Mal nach dem Kauf wieder zum Verkäufer gebracht werden musste. Irgendwann jedenfalls hatte der Kläger genug, erklärte den Rücktritt und verlangte die Rückabwicklung. Die Beklagte wollte diese nicht vornehmen und berief sich darauf, dass die gegenständlichen Mängel teilweise bei Übergabe des Fahrzeugs noch nicht vorgelegen hätten. Das klappernde Geräusch stelle zudem einen nur unerheblichen Mangel dar.

Das Landgericht gab dem Kläger gleichwohl Recht, woraufhin die Beklagte in der Berufung zum OLG Frankfurt am Main ihr Heil suchte. Sie fand es indes nicht. Auch das OLG erkannte zu Gunsten des Klägers und bestätigte, dass dieser hier zum Rücktritt berechtigt war.

Es konnte insoweit erwiesen werden, dass das klappernde Geräusch aus dem Bereich der Vorderradaufhängung kam und dass es trotz der vielen Nachbesserungsversuche nicht beseitigt wurde. Selbst bis zur jetzigen Entscheidung des OLG konnte nicht festgestellt werden, was der Grund des Geräusches war. Allein dies reichte dem OLG aus - unabhängig von den anderen im Raum stehenden Mängeln - um den Rücktritt des Klägers für berechtigt zu erklären.

Grundsätzlich ist ein Rücktritt nach §§ 433, 434, 437 Nr.2, 323 BGB nur möglich, wenn die sog. Bagatellgrenze überschritten wird. Nach § 323 Abs.5 Satz 2 BGB gilt der Vorbehalt: "Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung nur unerheblich ist." Wo diese Bagatellgrenze liegt, "bis wann" also ein Mangel unerheblich bleibt und "ab wann" er in diesem Sinn„erheblich genug“wird, um die Rückgängigmachung des Ganzen Vertrages zu rechtfertigen (ggf. - wie hier - auch nach Ablauf von Jahren erst), ist immer wieder Gegenstand von Gerichtsentscheidungen geworden. Vorliegend sah das Gericht die Grenze bei einem Anfall von Mängelbeseitigungskosten über 1% des Kaufpreises. Diese waren hier nicht erreicht worden. Gleichwohl erklärte das Gericht, die subjektive Bedeutung des Mangels sei ausreichend, um ihm die nötige Erheblichkeit zuzuerkennen. Der Sachverständige habe anschaulich geschildert, dass das Geräusch unregelmäßig auftrete, aber deutlich wahrnehmbar sei und deshalb bei den Insassen berechtigt das Gefühl aufkommen lasse, mit dem Fahrzeug stimme etwas nicht. Ein Fahrzeug aber, in dem sich die Insassen nicht sicher fühlten, sei im Sinne des § 323 Abs.5 BGB in erheblichem Maße mangelhaft. Der Rücktritt wurde also tatsächlich - so lange nach dem Kauf Anfang 2008 - gewährt. Allerdings - was dem Verkäufer ein "Trost" gewesen sein mag, musste der Käufer sich natürlich die bisherige Nutzung des Fahrzeuges anrechnen lassen. Für die mit dem Fahrzeug zurückgelegten 83.000 Kilometer stand dem Verkäufer hier ein Anspruch auf Nutzungsersatz in Höhe von rund 13.000 Euro zu.


von RA Florian Decker
April 2013

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