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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

Wie lange bleibt ein Fahrzeug eigentlich NEU? (Urteil des OLG Hamm vom 16.08.2016, 28 U 1140/15)



Der Sachverhalt:

Die Klägerin kaufte im September 2012 einen Mercedes CL 500 bei der beklagten Mercedes-Vertragshändlerin als Neufahrzeug, was ausdrücklich so vereinbart wurde. Der Wagen war indes bereits Ende September 2011 produziert worden. Der Klägerin war dies während der Verhandlungen bekannt geworden. Sie erhielt daraufhin einen Preisnachlass von 3000 EUR und hielt am Kauf fest. Die Klägerin zahlte einen sechsstelligen Kaufpreis für das Neufahrzeug. Sie nahm das Kfz sodann im Oktober 2012 ab.

Zum Jahreswechsel 2012/2013 bereute die Klägerin sodann ihren Kauf und wollte den Vertrag rückabwickeln. Sie berief sich daher ggü. der Verkäuferin auf einen Mangel. Man habe ein Neufahrzeug versprochen. Da der Wagen aber bei Verkauf schon über ein Jahr alt gewesen, von der Beklagten als Vorführwagen auf Straßenausstellungen benutzt worden sei und bei Übergabe schon 86km Laufleistung gehabt habe, dürfe er nicht mehr als „Neu“ bezeichnet werden und sei daher mangelhaft.

Die Beklagte sah dies anders und verweigerte zunächst die verlangte Neulieferung eines Mercedes CL 500 und sodann auch die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Daher erhob die Klägerin Rückabwicklungsklage.


Die Entscheidung:

Die Klage wurde vom OLG Hamm abgewiesen.

Ein Rückabwicklungsanspruch besteht nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht. Es sei kein Mangel festzustellen. Insbesondere hätten die Parteien nicht ausdrücklich vereinbart, dass die Klägerin nur ein Fahrzeug kaufen wolle, dass auch erst  2012 produziert worden sei und der Kauf mit dieser Vorgabe stehen und fallen solle. Vielmehr habe die Klägerin ja gerade in Kenntnis der früheren Produktion nach Preisnachlass am Kauf festgehalten und diesen danach auch vollzogen.

Der CL 500 sei aber auch zu Recht als Neufahrzeug verkauft worden. Nach der Rechtsprechung sei ein Fahrzeug fabrikneu, wenn es aus neuen Materialien zusammengesetzt und unbenutzt sei. Dies jedenfalls wenn und solange:

- das Modell unverändert bis zum Kaufvertragsschluss weitergebaut worden sei
- das verkaufte Fahrzeug keine standzeitenbedingten Mängel aufweise
- nach der Herstellung keine Beschädigungen eingetreten seien
- zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als zwölf Monate lägen.

Die Klägerin habe nicht beweisen können, dass das Fahrzeug diesen Vorgaben nicht entsprochen hätte. Insbesondere habe die Klägerin auch nicht nachweisen können, dass das Kfz vor Übergabe bereits benutzt gewesen sei, weil es zuvor bei Ausstellungen als Probefahrzeug gedient hätte und deshalb schon 86km gefahren worden sei. Auch war die Jahresfrist um drei Tage unterschritten (Produktion am 30.09.2011, Verkauf am 27.09.2012). Daher habe es als Neufahrzeug angeboten und geliefert werden dürfen und sei insoweit mangelfrei.


von RA Decker, September 2016
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