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Rechtsanwälte Andrae & Simmer
Ort der Nachbesserung ist beim Verkäufer, 300km Fahrtstrecke sind nicht unzumutbar (OLG Naumburg)

Dem Oberlandesgericht Naumburg (Urt.v.19.05.2017, Az.: 7 U 3/17) lag die Frage zur Entscheidung vor, ob der Käufer den mangelhaften PKW auch dann zur Nachbesserung an den Sitz des Verkäufers bringen muss, wenn der Käufer dazu eine Wegstrecke von 300km zurücklegen muss.

Der klagende Käufer hatte als Privatperson beim beklagten Autohändler einen gebrauchten Pkw amerikanischer Bauart erstanden. Sein Wohnort lag ganz genau 291 Kilometern vom Autohaus des Beklagten entfernt. Der Kläger hatte sich bewusst zum Beklagten begeben und beim Kauf zudem dessen AGB akzeptiert, in denen es hieß:

„Wird der Kaufgegenstand wegen eines Sachmangels betriebsunfähig, kann sich der Käufer mit Zustimmung des Verkäufers an den dem Ort des betriebsunfähigen Kaufgegenstandes nächstliegenden dienstbereiten Kfz-Meisterbetrieb wenden, wenn sich der Ort des betriebsunfähigen Kaufgegenstandes mehr als 50 km vom Verkäufer entfernt befindet.“

Der Kläger montierte eine Reihe von Mängeln. Der Verkäufer bat ihn, den Wagen zur Prüfung und ggf. Beseitigung von Mängeln vorbeizubringen, verweigerte aber ausdrücklich, die Abholung des Fahrzeuges. Der Kläger wollte den Wagen nicht zum Verkäufer bringen und trat letztlich vom Vertrag zurück, ohne dass der Wagen beim Verkäufer war. Mit der Klage begehrte er die Rückabwicklung des Vertrages. Zu Unrecht, wie das OLG Naumburg nun entschied und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts bestätigte.

Ein Rücktritt ist rechtlich, darauf wies das Gericht hin, nur dann möglich, wenn die Anforderungen des § 323 Abs. 1 BGB zuvor erfüllt sind. Nach Auffassung der Gerichte genügten die Nacherfüllungsaufforderungen des Klägers hier nicht, da diese nur in Worten erfolgten, das Fahrzeug aber nicht beim Verkäufer vorgestellt wurde.

Das OLG Naumburg erläuterte dazu, dass im Gesetz nicht eigenständig geregelt sei, wo der Anspruch auf Nacherfüllung zu erfüllen wäre. Daher gehe es nach der Grundregel des § 269 BGB. Mithin habe die Nacherfüllung in der Regel an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Verkäufer (als deren Schuldner) zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seine Niederlassung hatte, sofern nicht vertragliche Abreden anderes bestimmten.

Ein Erfüllungsort war nicht vereinbart worden. Aus den AGB des Verkäufers habe sich sogar ergeben, dass der Normalfall die Nachbesserung am Firmensitz des Verkäufers sein sollte. Auch die Natur des Schuldverhältnisses und die Umstände des Einzelfalles ergaben für das Gericht nichts anderes.

Zuletzt sei auch keine Ausnahme von der Regel zu machen, weil der Rücktransport dem Käufer unzumutbar wäre. Denn das sei nicht der Fall. Der PKW war noch fahrbereit. Die Mängel konnten aber nur durch geschultes Personal beseitigt werden und erforderten eine entsprechende Werkstatttechnik. Somit sei die Verbringung in eine geeignete Werkstatt notwendig. Auch und insbesondere seit die von 291 km kein Hindernis. Diese sei dem Käufer sogar zumutbar wenn für den Transport das Aufladen des Fahrzeuges auf einen Transporter notwendig würde. Schließlich habe der Käufer sich bewusst zum entfernten Verkäufer begeben, um den Wagen zu kaufen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44/EG (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie).


Anmerkung:
Die Entscheidung ist keineswegs über die Maßen negativ für den Verbraucherkäufer. Schließlich muss der Verkäufer beim Vorliegen von Mängeln im Ergebnis die Transportkosten (§ 439 Abs.2 BGB) erstatten. Und außerdem hat der Käufer einen Anspruch auf Vorschuss für derartige Kosten (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, juris Rn. 37; Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 70/08, juris Rn. 49). Das ergibt sich seit dem 1.1.18 nun sogar aus dem Gesetz, konkret aus § 475 Abs.6 BGB n.F.



von RA Florian Decker, Februar 2018
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