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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

LG Hildesheim: Prüfungsrecht des Verkäufers und Ort der Nacherfüllung beim Autokauf, § 439 BGB
von RA Florian Decker, Dezember2013

Welcher Autohändler kennt das Problem nicht: Der Kunde kauft ein Fahrzeug am Standort des Autohauses und nimmt es mit in sein einige hundert Kilometer entferntes Zuhause. Nach einiger Zeit stellt er ein Problem an dem Wagen fest und rügt dieses beim Verkäufer als Mangel. Er verlangt Gewährleistung und der Ärger beginnt.

So war es zum Beispiel in einem Fall, den das LG Hildesheim in seinem Urteil vom 4.7.2012, Az 2 O 100/12 zu entscheiden hatte. Dort hatte der Käufer einen gebrauchten Pkw für 7.000  € erworben. In der Folgezeit rügte der Kunde mehrfach Mängel und es wurden jeweils Reparaturen auf Gewährleistung in der Werkstatt des Autohauses durchgeführt. Einige Zeit später trat dann auch noch ein Motorschaden auf. Der Händler forderte den Käufer auf dessen Meldung hin auf, das Kfz wieder in die Händler-Werkstatt zu bringen. Der Kunde verweigerte das und erklärte den Rücktritt. Das LG Hildesheim musste nun entscheiden, ob der Kunde das durfte oder er das Fahrzeug doch zum Händler hätte bringen müssen.

Das LG äußerte sich – was auch die einzige Lösung war, die mit der Rechtsprechung der Bundesgerichtshof hier konform ging – klar und deutlich und wies die Klage ab. Der Käufer hätte den Wagen zum Händler bringen müssen, da Nacherfüllung stets nur am Erfüllungsort geschuldet werde. Dieser lege aber beim Autoverkauf im Autohaus eben immer auch dort, also im Autohaus. Dort muss der Kunde seine Gewährleistungsreparaturarbeiten verlangen und durchführen lassen. Bringt er den Wagen absichtlich nicht dorthin, vereitelt er die Chance des Händlers zur Nacherfüllung und verweigert diesem damit dessen Recht zur „zweiten Andienung“.

Konkrete führte LG Hildesheim führt hierzu aus:

„Das Erfordernis eines Nachbesserungsverlangens als Voraussetzung für die Rechte des Käufers aus § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB umschreibt keine Vertragspflicht, sondern eine Obliegenheit des Käufers (vgl. BGH-Urteil vom 21.12.2005, AZ: VIII ZR 49/05). Diese Obliegenheit, der der Käufer im eigenen Interesse nachzukommen hat, wenn er die in § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB aufgeführten Rechte geltend machen will, beschränkt sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Nacherfüllung, sondern umfasst auch die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Denn mögliche Reparaturarbeiten können sinnvoll nur in einer professionellen Kfz-Werkstatt vorgenommen werden – und damit am Betriebsort des Händlers (vgl. OLG München, Urteil vom 20.6.2007, AZ: 20 U 2204/07). Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm nicht Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat. Denn dem Verkäufer soll es mit der ihm vom Käufer einzuräumenden Gelegenheit zur Nacherfüllung gerade ermöglicht werden, die Kaufsache darauf zu überprüfen, ob der behauptete Mangel besteht und ob dieser bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hat, auf welcher Ursache er beruht sowie ob und auf welche Weise er beseitigt werden kann. Der Verkäufer kann von der ihm zustehenden Untersuchungsmöglichkeit aber nur dann Gebrauch machen, wenn ihm der Käufer die Kaufsache zu diesem Zweck zur Verfügung stellt. Der Händler ist in diesem Zusammenhang aber nicht dazu verpflichtet, das streitgegenständliche Fahrzeug beim Kunden abzuholen.“

Der Händler kann hier also getrost auf seinem Recht zur Prüfung und zur günstigen Reparatur in der eigenen Werkstatt beharren. Er kann dann sogar in der Regel vom Kunden verlangen, das Kfz an den Erfüllungsort zu bringen. Dieser liegt – sofern nicht etwas anderes vereinbart wurde – nach § 269 Abs.1 BGB grundsätzlich am Sitz des Händlers als Schuldner. Der Kunde muss also ggf. diese Mühe auf sich nehmen. Er ist allerdings dadurch abgesichert, dass er bei berechtigter Nacherfüllungsforderung vom Händler gem. § 439 Abs. 2 BGB die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen (Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten) ersetzt verlangen kann.

 

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