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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

Doppelter BGH - Heute: Fiktive Schadensberechnung UND Fabrikneuheit von Kfz

 


BGH Urteil vom 19.02.2013 zum Az.: VI ZR 69/12 - Umfang fiktiver Abrechnung bei Kfz-Schäden -

 

Der Bundesgerichtshof hatte sich erneut zur Frage zu äußern, welche Schadenspositionen ersetzt verlangt werden können, wenn ein Unfallschaden nicht wirklich repariert wird sondern die Schadensberechnung, -geltendmachung und – Durchsetzung rein fiktiv erfolgen. In o.g. Entscheidung erklärt das Gericht nun, dass auch allgemeine Kostenfaktoren wie Sozialabgaben und Lohnnebenkosten ersatzfähig sind.

Nach einem Verkehrsunfall hatte der Kläger auf Grund eines Sachverständigengutachtens vom Gegner Leistung verlangt. Im Gutachten waren Nettoreparaturkosten von 600,69 EUR ausgewiesen, wovon 155,80 EUR auf fiktiven Arbeitslohn entfallen sollten. Die Gegnerin wollte diesen fiktiven Lohnanteil um die ja nun tatsächlich nicht angefallenen Sozialabgaben und sonstigen Lohnnebenkosten kürzen. Zu Unrecht, wie der BGH meint. Gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB könne der Geschädigte „statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Es sei ferner ständige Rechtsprechung, dass dabei auch die Arbeitsentlohnung anhand der üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde gelegt werden dürfen. Dabei auch Sozialabgaben und Lohnnebenkosten fiktiv einzubeziehen – wie der Kläger dies hier tat – widerspreche weder dem Wirtschaftlichkeitsgebot noch dem Bereicherungsverbot, da das Vermögen des Geschädigten schließlich gerade als (fiktiv) um denjenigen Betrag gemindert anzusehen sei, der aufgewendet werden müsse, um die beschädigte Sache fachgerecht zu reparieren. Erforderliche Wiederherstellungskosten seien daher alle dazu aufzuwenden Lohnbestandteile, unabhängig davon, ob sie tatsächlich angefallen sind oder nicht.

 

 

BGH Urteil vom 06.02.2013 zum Az.: VIII ZR 374/11 – Wann ist ein Kfz fabrikneu?

Der Kläger hatte hier einen „neuen BMW 320d“ bei einem Autohaus gekauft aber zunächst die Abnahme verweigert. Er hatte an dem Fahrzeug Schäden an Karosserie und Lack bemerkt. Daher verlangte er sogleich – und vor Abnahme – bereits Nachbesserung (also Reparatur). Diese erfolgte auch, blieb aber laut  Kläger erfolglos bzw. erfolgte nicht ordnungsgemäß. Eine zweite Chance wollte der Händler nicht haben, das Fahrzeug sei mangelfrei. Als der Kläger seiner Ansicht weiter folgte und daher den Rücktritt erklärte, begann der Streit. Seine Rückabwicklungsforderung begründete der Kläger indes nicht etwa mit dem nach wie vor vorhandenen Mangel an Karosserie und Lack sondern auf einmal mit der Behauptung, dass das Fahrzeug nunmehr nicht mehr fabrikneu sei.

Das OLG Hamm hob die zunächst für den Kläger ausgefallene Entscheidung des LG Bochum auf, worauf dieser sich dann BGH wandte. Dieser gab dem Kläger nun wieder Recht. Entgegen der Ansicht des OLG Hamm schade es nicht, dass der Kläger die fehlende Fabrikneuheit nicht sofort rügte. Er habe auch nicht mit dem Nachbesserungsverlangen habe er auf einen Rücktritt hinsichtlich der nicht bestehenden Fabrikneuheit konkludent verzichtet. Daher kam es beim BGH auch nicht mehr auf die vom OLG Hamm nebenbei noch behandelte Frage an, ob nun Kosten für eine einwandfreie Beseitigung der Lackschäden anfallenden Kosten von bis zu 7 % des Kaufpreises erheblich genug für einen Rücktritt seien oder nicht. Vielmehr erklärte das Gericht:

„Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Käufer eines Neuwagens grundsätzlich erwarten kann, dass die von ihm verlangte Nachbesserung technisch den Zustand herbeiführt, der dem werksseitigen Auslieferungsstandard entspricht. Verlangt der Käufer eines Neuwagens die Beseitigung von Mängeln, verzichtet er damit nicht auf die mit der Neuwagenbestellung vereinbarte Beschaffenheit einer Fabrikneuheit des Fahrzeugs. Wird durch die Nachbesserungsarbeiten ein Fahrzeugzustand, wie er normalerweise bei einer werksseitigen Auslieferung besteht, nicht erreicht, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten. Der Rücktritt ist dabei auch nicht durch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Denn der als Beschaffenheit vereinbarte fabrikneue Zustand des Fahrzeugs ist ein maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Kaufentscheidung und spielt auch wirtschaftlich eine Rolle, da Fahrzeuge, die nicht mehr als fabrikneu gelten, mit deutlichen Preisabschlägen gehandelt werden.“

Wird ein fabrikneues Kfz versprochen, so hat es also – salopp zusammengefasst – auch neu auszusehen. Es muss also einen äußerlich perfekten Zustand aufweisen. Ist das nicht der Fall, so ist der Mangel immer erheblich und berechtigt, wenn er nicht behoben werden kann, zum Rücktritt.

 

von RA Decker, September 2013

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