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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

Kuriose Urteile: Rückabwicklung auf Garantie?; Längere Verjährung bei Falschangaben?

Mitunter haben sich deutsche Gerichte - auch bis in die höchsten Instanzen - mit äußerst kuriosen Ideen zur Rechtslage auseinanderzusetzen und darüber zu befinden. So auch in den beiden heute präsentierten Entscheidungen des OLG Köln und des Bundesgerichtshofes. So kurios die zu Grunde liegenden Ansichten erscheinen mögen, kein Autohaus ist davor geschützt nicht mit dem gleichen Problem befasst zu werden.


OLG Köln (Urteil vom 25.9.2012, AZ: 7 U 36/12): Kann ein Autokäufer auch auf Garantie rückabwickeln?

Entgegen der Ansicht vieler Kunden und - ja - auch manchen Verkäufers ist im Sinne des deutschen Zivilrechts die Garantie keineswegs identisch mit der Gewährleistung. Gewährleistung für Mängel ist bei einem Kauf die gesetzlich geregelte (§§ 434ff. BGB) Haftung des Verkäufers für den Fall, dass die Kaufsache nicht die vereinbarte oder zu erwartende Beschaffenheit (verkürzt ausgedrückt) hat, wenn der Kunde sie übernimmt. Liegt insoweit ein Mangel vor, kann der Kunde zunächst Nacherfüllung und danach ggf. Rückabwicklung, Minderung oder Schadenersatz verlangen. Die Garantie (die jedes neue Kfz mitbringt und auch viele "Gebrauchte" erhalten) stellt ein "selbständiges, meist verschuldensunabhängiges Versprechen" dar. Diese gibt meist der Hersteller, manchmal ein Garantieversicherer und mitunter auch einmal ein (dann in der Regel unvorsichtiger) Verkäufer ab. Was der Kunde aufgrund der Garantie vom Garantiegeber verlangen kann, hat nichts mit den Regeln des §§ 434ff. BGB zu tun. Die dortigen Begriffe sind nicht direkt anwendbar. Es gilt allein das, was im Garantievertrag bzw. den allgemeinen Garantiebedingungen steht. "Das ist doch klar!" werden nun viele sagen. Nun, den in o.g. Sache beteiligten Personen war dies keineswegs so offenbar. Der Kläger hatte ein Fahrzeug (Nissan Pathfinder) erworben, das in der Tat wohl an einem Herstellungsfehler litt. Dieser Fehler hätte wohl auch einen Mangel dargestellt iSd § 434 BGB. So hätte er also lediglich seinen Verkäufer (den Autohändler also) auf Nachbesserung und bei Scheitern auf Rückabwicklung in Anspruch nehmen müssen. Er entschied sich aber unsinniger Weise dafür, sich nach dem Scheitern der Reparaturen auf seine Herstellergarantie zu berufen und die Firma Nissan auf Rückwicklung in Anspruch zu nehmen. Dies gar gerichtlich und - zu Recht - sowohl am LG Köln als auch am OLG Köln vollkommen erfolgsfrei. Die Garantiebedingungen hatte man offenbar gar nicht gelesen. Dort war gemäß Ziffer 4 zwar eine Garantie für Material- oder Verarbeitungsfehler, die durch Nissan zu vertreten sind, übernommen. Der Hersteller sagte zu, solche Fehler kostenlos zu beheben durch Instandsetzung oder Austausch fehlerhafter Teile. Ziffer 9 lautete sodann: „Weitergehende Ansprüche, insbesondere Rücktritt vom Kaufvertrag, Minderung oder Schadenersatz stehen dem Käufer aus dieser Garantie nicht zu. Die gesetzlichen Rechte des Käufers gegen den Verkäufer beim Vorliegen von Sachmängeln bleiben unberührt.“". Eindeutiger geht es nicht.


Bundesgerichtshof (Urteil vom 12.122012, AZ: VIII ZR 89/12) Längere Gewährleistungsfrist bei Falschangaben im Kaufvertrag?

Ebenso seltsam mutet den Autor auch die Ansicht an die –unter Anderem –in vorgenannter Entscheidung des BGH vertreten wurde. Der Kläger war der Ansicht, dass er länger als die üblichen zwei Jahre gemäß § 438 Abs.1 Nr.3 BGB (Verjährung von Gewährleistungsrechten) Mangelgewähr verlangen könne, wenn der Verkäufer im Kaufvertrag falsche Angaben zu einer Eigenschaft des Fahrzeuges gemacht habe. Konkret war angegeben, die letzte Hauptuntersuchung habe 11/2007 stattgefunden. Die dazu beigelegte Bescheinung entpuppte sich im Nachhinein als gefälscht. Auch die Angabe, das Fahrzeug habe zwei Vorbesitzer gehabt, stellte sich als nicht zutreffend heraus. Aber auch wenn hierin wohl Mängel lagen, kam eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf die Regelfrist von drei Jahren nicht in Betracht, da dies nach § 438 Abs.3 nur im Falle einer arglistigen Täuschung des Verkäufers über diese Eigenschaften möglich gewesen wäre. Diese aber konnte nicht nachgewiesen werden. Allein der Umstand, der Falschangaben kann also wohl einen Mangel begründen. Um daraus aber auch nach über zwei Jahren noch etwas ableiten zu können braucht es natürlich darüber hinaus noch ein Mehr. Auch hier lag der Fall nicht ganz so einfach, wie der Anspruchsteller sich dies gedacht hatte.

Kurios aber nicht ungewöhnlich. Jeder Fall und jede vom Käufer behauptete Rechtstatsache bedarf der Überprüfung und oft korrigieren auch erst die Rechtsmittelgerichte falsche Entscheidungen der ersten Instanz.
von RA Florian Decker
Februar 2013
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