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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

OLG Bremen: Adressat für Rücktrittserklärung beim Neuwagenkauf Urt. v. 7. 4. 2011, Az.: 1 U 62/10

Selbst wenn der Käufer eines Pkw im Einzelfall ausnahmsweise vertraglich dazu berechtigt ist, Ansprüche auf Mängelbeseitigung nicht nur bei der Verkäuferin, sondern auch in anderen Vertragswerkstätten des Herstellers geltend zu machen, so lasse sich daraus nicht ableiten –so das OLG -, dass er auch wirksam durch Erklärung gegenüber einer dieser anderen Vertragswerkstätten den Rücktritt vom Vertrag erklären könne. Dieser Satz gelte auch bei Unternehmen derselben Firmengruppe, wenn diese in einer eigenständigen Rechtsform betrieben würden.

Die Klägerin hatte einen Pkw Audi Q 7 im Rahmen eines Leasingvertrags bei der Beklagten ausgesucht und „erworben“und in der Folge eine Vielzahl von Mangelrügen an dem Fahrzeug erhoben und in verschiedenen Werkstätten Reparaturen durchführen lassen. Letztendlich wollte sie das Fahrzeug nicht länger behalten und vom Vertrag zurücktreten. Sie gab ihre Rücktrittserklärung nun bei einer der beauftragten Werkstätten (fortan W) ab und bekam von dort eine schriftliche Bestätigung. Sodann forderte sie von der Beklagten die Durchführung der Rückabwicklung, was diese ablehnte. Darauf erhob sie Klage. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Rücktritt sei nicht rechtzeitig gegenüber der Beklagten erklärt worden. Das OLG teilte diese Ansicht auf Berufung der Klägerin.

Im Einzelnen stützen sich die Entscheidungen darauf, dass ein wirksamer Rücktritt nicht vorliege, weil er erst nach Eintritt der Verjährung gegenüber der Beklagten erklärt worden war. Die fristgerechte Erklärung gegenüber dem W genüge nicht, auch wenn dieses den Wagen mit Zustimmung der Beklagten vorher repariert hatte, da es sich bei W um eine selbstständige juristische Person handele. Eine Erklärung gegenüber W könne daher die Beklagte nicht binden. Daran ändere es auch nichts, dass W und die Beklagte der gleichen Firmengruppe angehören. Aus dem Internetauftritt der Firmengruppe, auf den die Klägerin verwiesen hatte, ergebe sich eindeutig, dass W ein selbständiges Unternehmen neben der Beklagten darstelle. Dies hatte sich auch aus den Bestellunterlagen ergeben. Demnach war ging der gegenüber W erklärte Rücktritt der Beklagten dadurch auch nicht gemäß § 130 BGB zu. Nach dieser Vorschrift kann es zwar für den Zugang genügen, dass eine Willenserklärung bei einer Zweigstelle eingeht, um sie der Hauptniederlassung zuzurechnen. Eine reine Zweigstelle war W aber gerade nicht. Anders wäre dies nur, wenn W Empfangsvertreter der Beklagten gewesen wäre. Dafür sprach vorliegend aber nichts. Die Beklagte hätte dies auch ausdrücklich erklären und W es ausdrücklich offen legen müssen (gemäß § 164 BGB) was aber nicht der Fall war und sich auch nicht aus den Neuwagenverkaufsbedingungen ergab. Auch einen anderweitigen Rechtsschein habe die Beklagte nicht gesetzt. Allein die Berechtigung, Ansprüche auf Mängelbeseitigung bei anderen anerkannten Betrieben geltend zu machen, wie es sich aus den Neuwagenverkaufsbedingungen der Beklagten ergab, führe nach Ansicht der Gericht noch nicht dazu, dass damit auch rechtsgeschäftliche Erklärungen gegenüber diesen Betrieben abgegeben werden dürfen. Auch eine Wissenszurechnung scheide aus, da eine solche regelmäßig nur dann in Betracht komme, wenn der Vertragspartner als einheitliche juristische Person verschiedene Organisationseinheiten habe und dann gegenüber einer anderen Einheit als der Vertragsschließenden Wissen übermittelt werden. Außerdem gehe es hier auch um den Zugang einer rechtsgestaltenden Willenserklärung und nicht um Wissenszurechnung. Eine solche könne aber nur dann Wirkung entfalten kann, wenn sie gegenüber dem Vertragspartner abgegeben werde (siehe § 349 BGB).

Fazit:
Auch wenn der Hersteller in den von ihnen als inhabergeführtem Autohaus verwandten Neuwageverkaufsbedingungen vorgibt, dass ihre Käufer auch bei anderen Vertragswerkstätten Nachbesserung verlangen darf, so bedeutet dies noch nicht, dass Sie an eine Rücktrittserklärung gebunden wären, die er diesen gegenüber abgibt. Sobald er allerdings auf Sie zukommt, kann er eine einmal unwirksame Erklärung gleichwohl Ihnen gegenüber noch mal –diesmal wirksam –abgeben. Das ist nur dann ausgeschlossen, wenn zwischenzeitlich –wir im vorliegenden Fall –das Rücktrittsrecht verjährt ist. Verjährung tritt –ohne Hemmung –nach Ablauf von zwei Jahren ab Übergabe des Fahrzeuges an den Kunden ein (siehe § 438 BGB).

von RA Florian Decker
März 2012
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