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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

OLG Schleswig-Holstein (Urteil vom 21.03.2016, Aktenzeichen: 17 U 66/15): Chiffre in Bestellformularen für Kfz müssen für Kunden verständlich sein


Um den begrenzten Platz auf den Bestellformularen sinnvoll auszunutzen, werden beim Kfz-Kauf die Eigenschaften der Kaufsache gerne mit Abkürzungen dargestellt. Bekannt und wohl allgemein verständlich sind z.B. das Kürzel „EZ“ für „Datum der Erstzulassung“ oder auch „ABS“ für „Anti-Blockier-System“. Oft werden aber auch Chiffre (Kombinationen von Zahlen und Buchstaben) verwendet, die anders als etwa das „ABS“ nicht zum allgemeinen Sprachgebrauch gehören. Rechtlich wird dies dann zum Thema, wenn das bestellte Fahrzeug mit solchen Chiffre im Formular beschrieben wird, der Händler das bestellte Fahrzeug so beim Hersteller ordert und der Kunde das gelieferte Kfz dann nicht haben will, weil er es sich anders vorgestellt hatte.

Ist das Chiffre dann verbindlich und muss der Kunde sich daran festhalten lassen, dass er die Bestellung so unterschrieben hat? Auf den ersten Blick wird auch der Jurist ausrufen: Aber natürlich! Vertrag ist Vertrag! Pacta sunt servanda!

Aber so einfach ist es nun leider doch nicht, wie eine aktuelle Entscheidung das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (Urteil vom 21.03.2016, Aktenzeichen: 17 U 66/15) zeigt. Hier entschied das Gericht, dass trotz des im Formular enthaltenen Chiffre für einen „Drei-Türer“ ein Kaufvertrag über das vom Kunden gewünschte fünftürige Fahrzeug zustande gekommen sei.

Es lag hier natürlich eine ganz konkrete, wenngleich nicht abwegige, Fallgestaltung zu Grunde. Und zwar hatte der Kunde sich in das Autohaus begeben und mit einem Mitarbeiter darüber gesprochen, welches Fahrzeug für ihn interessant sei. Das gewünschte Modell wurde ihm bei der Probefahrt als fünftürige Ausführung zur Verfügung gestellt. Es gefiel ihm und er wollte es kaufen. Man setzte sich danach zusammen und sprach über verschiedene Ausstattungsmerkmale (Motorstärke, Navigationsgerät etc.). Die Anzahl der Türen kam nicht mehr zur Sprache. Im Bestellformular war neben Hinweisen auf „Sonderausstattungen“, wie Leichtmetallräder, Sportsitze und ein Navigationssystem, das Fahrzeug als „Golf Highline BlueMotion Technologie 1,4 TSI 90 kw (122 PS), 7-Gang Kupplungsgetriebe DSG, 90 KW (122 PS), schwarz, titanschwarz/titanschwarz/schwarz“ und mittels der Chiffre „5G14GZ“ bezeichnet. Letzteres steht nach den Vorgaben des Herstellers für einen lediglich 3-türigen Golf (2 Türen und Hecktür). Diese Bedeutung war dem Kunden aber nicht bekannt.

Als der Autohändler das dreitürige Fahrzeug lieferte rügte der Kunde sofort die mangelhafte Lieferung und forderte einen Austausch gegen des bestellte, fünftürige Fahrzeug. Dies verweigerte der Händler worauf hin der Kunde vom Vertrag zurücktrat und Rückabwicklung forderte. Im Ergebnis zu Recht.

Das Landgericht hatte die Rücknahme noch mit der Begründung angeordnet, dass wegen fehlender Übereinstimmung der Willenserklärungen (Dissens) überhaupt kein Vertrag zu Stande gekommen sei. Das Oberlandesgericht stellte dann klar, dass sehr wohl ein wirksamer Vertrag zu Stande gekommen sei, aber eben über das vom Kunden gewünschte fünftürige Fahrzeug. Da der Verkäufer dessen Lieferung verweigert habe, sei aber der Rücktritt wirksam und im Ergebnis zur Rückabwicklung zu verurteilen. Da nur ein Chiffre im Formular verwendet wurde könne sich die Verkäuferin hier gerade nicht auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde berufen.


Fazit:
Es ist also dafür zu plädieren, in Bestellformularen soweit als möglich vollständige und zutreffende Begriffe zu verwenden, allenfalls aber mit allgemein verständlichen Kürzeln anstatt unverständlicher Chiffre zu arbeiten, da so die Möglichkeit erhalten bleibt, sich auf den Inhalt des schriftlichen Vertrages zu berufen. Unabhängig davon müssen natürlich die Wünsche des Kunden in jedem Fall (egal in welcher Ausdrucksweise) richtig in den schriftlichen Vertrag übertragen werden, um jegliche Diskussion zu vermeiden.



von RA Florian Decker, März 2016
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