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Rechtsanwälte Andrae & Simmer
BGH zum Mangel bei Fehlen der behaupteten Herstellergarantie eines Kfz

Neben der gesetzlichen Gewährleistung und von dieser streng zu unterscheiden wird im Rahmen des Autokaufs häufig die Frage zu stellen sein, ob dem Kunden bei Auftreten von Problemen eventuell Rechte aus einem Garantievertrag zustehen. Es ist in der Branche üblich, dass auch beim Kauf von Gebrauchtwagen häufig Garantieverträge mit darauf ausgerichteten Spezialunternehmen abgeschlossen werden, die der Verkäufer vermittelt. Beim Verkauf von Neuwagen wird von allen gängigen Herstellern zudem eine Werksgarantie/Herstellergarantie versprochen. Diese kommen mit verschiedensten Laufzeiten von in der Regel aber mindestens zwei Jahren in der Praxis vor. Da sich daraus oft Ansprüche ergeben, die über das hinausgehen, was nach gesetzlicher Gewährleistung vom Händler verlangt werden kann, nimmt der Verkehr das bestehen eine Herstellergarantie als besonderen Vorteil war. Dementsprechend wird mit dem Bestehen einer Herstellergarantie häufig gesondert geworben.

Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 15.06.2016, Az. VIII ZR 134/15) hatte sich nun mit einem Sachverhalt befasst, indem unter anderem der Verkäufer im Rahmen der Werbung für den Verkauf des gegenständlichen gebrauchten PKW behauptet hatte, die Herstellergarantie laufe noch und komme insofern auch dem Gebrauchtwagenkäufer noch zugute. Allerdings war die Herstellergarantie in Wahrheit zum maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits abgelaufen. Der Käufer hat also keine Möglichkeit mehr sich bei auftretenden Schäden hierauf zu berufen.

Der Bundesgerichtshof äußerte in seiner Entscheidung, dass in diesem Umstand des Fehlens der versprochenen Herstellergarantie für sich genommen bereits ein Mangel der Kaufsache zu sehen sei, der den Käufer dazu berechtigen könne, von dem geschlossenen Vertrag zurückzutreten und Rückzahlung des Kaufpreises bei Rückgabe des Pkw zu fordern.

Die Entscheidung knüpft an den seit der Schuldrechtsreform vom 1.1.2002 geltenden Mangelbegriff des § 434 Abs. 1 BGB an. Danach liegt ein Mangel vor, wenn eine konkrete Beschaffenheit der Kaufsache zwischen den Parteien vereinbart wurde und die gelieferte Kaufsache diese Beschaffenheit nicht aufweist.

In den Vorinstanzen hatten das Landgericht Ingolstadt und das Oberlandesgericht München noch die Auffassung vertreten, eine Herstellergarantie sei lediglich Ausdruck einer rechtlichen Beziehung zwischen Hersteller und Fahrzeughalter. Es läge daher kein Umstand vor, der in der Kaufsache selbst gründe, weshalb ein Mangel ausscheide. Der BGH stellte nun aber klar, dass seit der Schuldrechtsreform ein weiter Beschaffenheitsbegriff anzunehmen sei. Als Beschaffenheitsmerkmale sollen hiernach gerade nicht nur die der Kaufsache selbst anhaftenden Faktoren anzusehen sein. Es seien hierbei schlicht alle Beziehungen der Kaufsache zur Umwelt maßgeblich, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben.

Eine solche Beziehung zur Umwelt stellt die Herstellergarantie dar. Sie hat auch im Auge des Käufers durchaus einen Einfluss auf den Wert der Kaufsache. Für einen Wagen mit Garantie wird der Käufer tendenziell bereit sein einen höheren Preis zu bezahlen. Daher liegt ein Beschaffenheitsmerkmal vor. Wird ein solches Merkmal wie die Herstellergarantie zugesagt, muss es auch vorhanden sein. Ansonsten ist die Sache mangelhaft und es kann Gewährleistung verlangt werden.


Fazit:

Die Entscheidung dürfte durchaus erhebliche praktische Auswirkungen haben.

Für den Autohändler bedeutet sie, dass nicht nur aber insbesondere bei Angaben zu bestehenden Garantien des Herstellers besondere Vorsicht zu wahren ist. Etwa mag es geschehen, dass bei einem länger „auf dem Hof stehenden“ Gebrauchtwagen mit der Zeit die Herstellergarantie abläuft. Wenn dieser mit laufenden Anzeigen (im Internet oder wiederkehrend in Printmedien) beworben wird, so muss darauf geachtet werden, dass auch diese Anzeigen regelmäßig aktualisiert werden. Ist die Garantie abgelaufen, so darf diese auch in der Werbung für den Wagen nicht mehr auftauchen, da auch die Angaben in der Werbung regelmäßig Bestandteil des Vertrages werden.


von RA Florian Decker, Juni 2016
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