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Rechtsanwälte Andrae & Simmer
OLG Frankfurt: Kein erheblicher Mangel und kein Rücktritt, bei „zu lautem Motor“

Das OLG Frankfurt hatte sich kürzlich (Urt. v. 21.4.2017, 24 U 26/15) mit einem interessanten Gewährleistungsproblem zu befassen, welches wir nachfolgend aufarbeiten möchten.


Der Sachverhalt:


Der Kläger hatte beim beklagten Autohaus einen PKW gekauft und danach Gewährleistung verlangt, weil der Motor „Geräusche“ mache, welche auf einen Konstruktionsmangel zurückzuführen seien. Er verfolgte, nachdem die Sache nicht geklärt werden konnte, gerichtlich einen Anspruch auf Rückabwicklung wegen Mangels.

Das beklagte Autohaus meinte, es handele sich zwar eventuell um einen Mangel, dieser beeinträchtige den Kläger aber nur geringfügig. Es liege daher kein erheblicher Mangel vor, sodass der Kläger jedenfalls nicht habe zurücktreten dürfen.


Die Entscheidung:


Das Landgericht hatte bereits die Klage abgewiesen. Das OLG Frankfurt hat sich dem im Rahmen der Berufung angeschlossen. Zwar sei durch den erstinstanzlichen Sachverständigen festgestellt worden, dass die Geräusche auf einem „konstruktiven, bzw. Fabrikationsmangel“ beruhten, jedoch sei damit noch nicht gesagt, dass es sich deshalb um einen Mangel im Rechtssinne (§ 434 BGB) handele, der noch dazu „nicht unerheblich“ (§ 323 Abs.5 BGB) sei und zum Rücktritt berechtige. Das OLG führt aus:
 
„Das Berufungsgericht verkennt nicht, daß ein Geräusch vernehmbar ist, das als störend empfunden werden kann. Gleiches gilt für die aus allgemein zugänglichen Informationsquellen zu gewinnende Erkenntnis, daß der beim Kläger verbaute Motor eine nicht nur beim klägerischen Fahrzeug auftretende Anfälligkeit für derartige Geräusche aufweist. Diese sind indes als bloße nicht erhebliche Unannehmlichkeit hinzunehmen und rechtfertigen deshalb nicht eine Komplettrückabwicklung des gesamten Kaufvertrages. Die Geräusche sind laut Sachverständigen zwar nicht nur geringfügig, treten jedoch nur „im unteren Drehzahlbereich“ auf.“

Da nicht alle Fahrzeuge des Typs über derartige Probleme verfügen, sei kein Fehler in der Motorenkonstruktion als Ursache auszumachen. Individuelle Faktoren, wie die Fahrweise des Halters, die Wartungsintervalle sowie die Qualität des verwendeten Öls spielten eine Rolle dafür, ob die Geräuschentwicklung in dieser Form stattfindet. Das Fahrzeug sei auch – entgegen der Meinung des Klägers nicht derart hochwertig, dass derartige Geräusche nicht hinnehmbar wären. Deshalb sei aber noch nicht alles technisch Machbare geschuldet sondern eben nur das, was der Kunde für sein Geld erwarten dürfe. Bei der Bestimmung der insoweit geschuldeten mittleren Art und Güte sei allein ein Vergleich mit der betroffene Baureihe selbst und nicht etwa mit ähnlichen Fahrzeugtypen anderer Hersteller zulässig.


Fazit:


Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag zwar grundsätzlich aber eben gerade dann ausnahmsweise nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Liegt ein Mangel vor, so muss dieser also immer noch erheblich sein, um einen Rücktritt zu rechtfertigen.

Es gibt bereits vielfältige Rechtsprechung zu dem Thema. So hat etwa der Bundesgerichtshof erklärt, eine Erheblichkeit sei in der Regel zu bejahen, wenn die Kosten der Beseitigung mindestens 5% der vereinbarten Gegenleistung (Kaufpreis) ausmachen (BGH NJW 2009, 508). Liegt ein unbehebbarer Mangel vor, so kommt es auf die Erheblichkeit der Auswirkungen des Mangels auf die Kaufsache an.

Der Verkäufer eines PKW sollte dieses Kriterium als Verteidigungsmittel nie gänzlich aus den Augen lassen, auch wenn er die Beweislast für eine Unerheblichkeit des Mangels trägt. 




von RA Florian Decker, Juli 2017
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