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Rechtsanwälte Andrae & Simmer
LG Köln - Nachbesserung durch Softwareupdate (Stichwort: „Abgasskandal“) - Urteil vom 18.05.2017, Az.: 2 O 422/16

Das LG Köln (Urteil vom 18.05.2017, Az.: 2 O 422/16) hatte kürzlich einen Fall aus dem letztjährigen Abgasskandal (Dieselgate) zu entscheiden.

Der klagende Käufer verlangte von der Beklagten Audi-Vertragshändlerin, die Rückabwicklung eines Kaufvertrags betreffend einen gebrauchten Pkw Audi Q3 2.0 TDI, Erstzulassung Mai 2012, Laufleistung 16.271 km, Preis 30.000 €, Motortyp EA 189. Die dort installierte Motorsteuerungssoftware hatte zwei Einstellungen (Modi). Ein Modus wurde automatisch auf Prüfständen aktiviert und führte dazu, dass der Stickoxidausstoß erheblich reduziert wurde, sodass Euro 5 eingehalten werden konnte. Im anderen Modus, der außerhalb des Prüfstandes automatisch griff, wurde der Stickoxidausstoß weniger stark reduziert und Euro 5 nicht gehalten.

In Folge des sog. "Abgasskandals" wurde der Hersteller tätig und ließ am 1. Juni 2016 vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) konzernseitig eine Software freigeben, mit welcher der Motor des streitgegenständlichen Typs so gesteuert werden kann, dass der Stickoxidausstoß auch im Straßenverkehr die Vorgaben der Euro-5-Norm erfüllt. Der Konzern bietet den Betroffenen das Update seit dem 30. September 2016 an. Als der Kläger dies erfuhr, erklärte er im Oktober 2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte nun klageweise, nach Ablehnung durch den Verkäufer, die Rückabwicklung.

Die zulässige Klage hatte im Wesentlichen Erfolg, die Beklagte wurde zur Rückabwicklung verpflichtet. Dies geschah aus folgenden Gründen:

Das Fahrzeug wies, so das Gericht, im Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger einen Sachmangel auf, weil es die Euro-5-Abgasnorm jedenfalls in Bezug auf den Stickoxidausstoß nicht erfüllt habe. Die Einhaltung dieser Norm sei geschuldet gewesen, weil es der üblichen Beschaffenheit entspreche, dass ein Pkw-Motor die Abgasvorschriften einhalte, die in den technischen Daten der Prospekte angegeben sind. Dass das Fahrzeug die Vorgaben der Norm nicht einhielt, folgt schon aus dem Umstand, dass die Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer für die Situation auf Prüfständen galt. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei insoweit auch nicht etwa unerheblich. Bei dieser Einschätzung sei nicht nur auf die Kosten des Software-Updates in Relation zum Kaufpreis abzustellen. Vielmehr sei eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nötig. Bei dieser fielen weitere Faktoren ins Gewicht, wie schon in LG Köln, Urt. v. 2.3.2017 (Az.: 2 O 317/16) dargelegt worden sei. Die Erheblichkeit sei indiziert, wenn der Mangel einen für den Gläubiger wesentlichen Qualitätsaspekt betreffe, wie die Einordnung in die Euro-5-Norm. Ferner führe die Arglist des Vertragspartners in der Regel dazu, dass die Pflichtverletzung nicht unerheblich sei. Arglistig sah das Gericht vorliegend beim Konzern als gegeben an, nicht bei der Beklagten, jedoch sei ein Software-Update nunmal nur beim Konzern zu haben und dem Kunden sei ein Vertrauen auf dieses Update des arglistigen Konzerns nicht zuzumuten, was dann für das Gericht augenscheinlich auch wieder für die Erheblichkeit des Mangels sprach. Zudem sei die Motorsteuerung ein besonders sensibler Bereich eines Autos. Nicht ohne Grund erlösche z.B. die Hersteller-Garantie, wenn im Wege des sogenannten Chip-Tunings die Software eines nicht autorisierten Drittanbieters aufgespielt wird. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Fahrzeug auch nach Aktualisierung der Software mit einem Makel behaftet bleibe (vgl. dazu z.B. auch OLG Nürnberg, 20.02.2017, 14 U 199/16, wir berichteten) der den Wiederverkaufswert mindere. Die genannten Umstände wögen daher insgesamt schwerer als der vergleichsweise geringe Kostenaufwand eines Software-Updates, sodass der Mangel erheblich sei.

Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, § 323 Abs.1 BGB, sei sodann erforderlich gewesen, da die Nacherfüllung aus tatsächlichen Gründen nur in Gestalt der Nachbesserung durch ein Software-Update in Betracht komme, dessen Annahme aber dem Kläger aber wegen der Arglist des Konzerns nicht zumutbar sei, § 440 S. 1 Var. 3 BGB.



von RA Decker, August 2017
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