In einer aktuellen Entscheidung (BGH 22.7.2014, VI ZR 357/13) hatte sich der Bundesgerichtshof zum oben genannten Thema mit der Frage auseinander zusetzen, wie Gerichte bei der Schätzung der notwendigen Kosten eines Unfallschaden-Sachverständigengutachtens vorgehen dürfen.
Entscheidung lag ein Sachverhalt zu Grunde, indem ein Unfallbeteiligter zu 100 % Schuld am Eintritt des Unfalls trug und daher zu 100 % alle aufgrund des Unfalls kausal und notwendig entstandene Schäden tragen musste.
Im Rahmen der Beurteilung des Sachverhalts kam eine schon viel diskutierte Frage zum Tragen, ob nämlich die vom Kfz-Sachverständigen gestellte Rechnung tatsächlich in voller Höhe notwendig war und damit in voller Höhe vom Unfallverursacher bezahlt werden muss. Die Gerichte haben in der Vergangenheit oft, nach Ansicht des jeweiligen Richters überhöhte, Sachverständigenrechnungen „zusammengekürzt“, was dem Richter im Hinblick auf § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO auch möglich ist, der ihm eine so genannte Schätzungskompetenz zuspricht. Der Richter kann also auf Vorlage entsprechender Rechnungen, Gutachten und sonstiger Schadensbelege die Höhe des tatsächlich notwendig und kausal mit dem Unfallereignis zusammenhängenden Schadens schätzen und aufgrund dieser Schätzung urteilen.
Vorliegend hatte der Sachverständige voraussichtliche Reparaturkosten i.H.v. rd. 3.300 € inkl. 19 Prozent Mehrwertsteuer, eine merkantile Wertminderung von 250 € sowie einen Wiederbeschaffungswert von 8.000 € inklusive 2,5 Prozent Mehrwertsteuer als Schaden in der Sache ermittelt und für seine Tätigkeit insgesamt rund. 790 € inkl. 19 Prozent Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt. Davon entfielen laut seiner Aufschlüsselung rund 430 € netto auf das Grundhonorar und insgesamt rund 230 € netto auf einzeln ausgewiesene Positionen wie die EDV-Abrufgebühr, Porto, Telefon, Fahrzeugbewertung, Fotos, Fahrtkosten, Schreibgebühren und Fotokopien. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zahlte nur einen Teil der Rechnung. Über den restlichen Betrag wurde gestritten.
Das Landgericht war hier in der Berufung zur Entscheidung über das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts berufen und stützte sich dabei auf eine grundsätzlich geltende Annahme dahingehend, dass die zusätzlich zu einem Grundhonorar berechneten Nebenkosten in Routinefällen grundsätzlich nur i.H.v. 100 € erforderlich seien. Überschreite eine Rechnung des Sachverständigen in einem Routinefall diese Marke, so sei allein daraus erkennbar, dass der Betrag überhöht und deshalb nicht ersatzfähig sei.
Diese Grundannahmen wurde vom BGH indessen nicht akzeptiert, da der Tatrichter bei der Bemessung der Schadenshöhe zu beachten habe, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen und eine hinreichend tragfähige Grundlage hier fehle. Schon aus dem Wortlaut des § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO ergebe sich, dass die Schätzung nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen müssen.
Die Sache wurde daher an das Landgericht zu erneuten Prüfung nach diesen Grundsätzen zurück verwiesen.
RA Florian Decker, September 2014