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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

Rezension Zivilrecht: RVG
Gerold / Schmidt, RVG-Kommentar, 21. Auflage, C.H. Beck 2013
von RA Florian Decker, Saarbrücken, Januar 2014 

Das aus der Reihe der „grauen Kommentare“ des Beck Verlages stammende Standardwerk liegt nunmehr bereits in seiner 21. Auflage vor und wird zwischenzeitlich (nachdem die beiden Namensgeber leider beide bereits verstorben sind) von Müller-Rabe (Richter am OLG a. D.), Mayer (Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Arbeitsrecht) und Burhoff (Richter am OLG a. D.) bearbeitet. Ausführungen zur angesprochenen Zielgruppe des Werkes erübrigen sich hier ausnahmsweise. Für diese angesprochene Gruppe ist auch der Anlass der aktuellen Neuauflage des Kommentars mehr als für andere Leserkreise offensichtlich. Im Jahre 2013 wurde das lang erwartete und von vielen Beteiligten sozusagen „heiß ersehnte“ zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (2. KostRMoG) nun endlich vom Bundesgesetzgeber in die Welt entlassen. Die damit verbundenen Änderungen im Anwaltsgebührenrecht sind zwar – gerade was die Gebührenhöhe angeht – nicht so hochfahrend wie von angesprochener Zielgruppe erhofft, dennoch signifikant genug, um einer Kommentierung zu bedürfen. Diesem Bedürfnis mag die Neuauflage, auch ausweislich des Vorwortes, nun begegnen und befasst sich daher unter anderem mit der neuen, so genannten „Beweisaufnahmegebühr“ des VV 1010 u.v.m.

Die Art und Weise der Darstellung der Kommentierung hat sich den Vorauflagen ggü. nicht verändert, was auch zu begrüßen ist. Die genannten Autoren haben die Kommentierung in der einzelnen allgemeinen Vorschriften (§§ 1-62 RVG) sowie der einzelnen Gebührenziffern einigermaßen gleich untereinander aufgeteilt und sich hier abgewechselt. Alle Normen und Gebührenvorschriften werden im Volltext wiedergegeben und in klassischer Manier kommentiert. Es folgt also nach einer Inhaltsübersicht die Besprechung der einzelnen „Tatbestandsmerkmale“. Es findet sich das bekannte, gut lesbare Schriftbild mit ausgelagerten Fußnotenverweisen auf zugehörige Rechtsprechung, optisch ansprechendem Aufbau und vielen hervorgehobenen Schlagworten. Ein schneller Zugriff wird hierdurch, wie auch durch die extensive Randnummerierung und das umfangreiche Sachwortverzeichnis gewährt. Über die einzelnen Kommentierungen hinaus findet sich ein umfänglicher Anhang auf den Seiten 1785-2046, der sich mit besonderen Verfahrensarten und dem Gegenstandswert befasst. Es sind dort Ausführungen zu den Besonderheiten des Arbeitsgerichtsverfahrens des Verfahrens zum einstweiligen Rechtsschutz oder auch der selbständigen Beweissicherung ebenso inkludiert wie die Besonderheiten der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit. Besonderen Nutzen für den Praktiker wird sodann die Aufstellung der Gegenstandswerte von A bis Z in Zivil-, Verwaltungs-, Straf- und Bußgeldsachen erhalten können. Diesen Ausführungen schließen sich vervollständigend auch die an dieser Stelle wiewohl zu erwartenden Streitwertkataloge für Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit an. Auch eine Gegenstandswertaufstellung für das verfassungsgerichtliche Verfahren ist enthalten.

In den Gegenstandswertdarstellungen von A bis Z sind stets allgemeine Ausführungen zu den einzelnen Situationen enthalten, wie z.B. zum Stichwort der Abrissgenehmigung, der Gegendarstellung oder auch des Markenrechts. Bedauerlicherweise finden sich nicht durchgehend zu allen Stichworten auch Vorschläge und Quellen mit konkreten Gegenstandswertbeträgen. Größtenteils werden hier nur allgemeine Ausführungen dazu gemacht, wie im Einzelfall an welchen Kriterien der Gegenstandswert bemessen werden kann. Dies ist ohne Zweifel durchaus hilfreich und bringt den Bearbeiter „ein gutes Stück weiter“. Allerdings wäre ein etwas größerer Fundus an Praxisbeispielen und konkreten Betragsnennung für Gegenstandswerte in konkreten Angelegenheiten wünschenswert gewesen. Gerade z.B. zum Markenrecht wird bei der Gegenstandswertbestimmung hinsichtlich einer Markenverletzung nur allgemein ausgeführt. Die Diskussionen zum Regelstreitwert, die in derartigen Konstellationen stets aufkommen, finden überhaupt keine Aufnahme. Lediglich zum tendenziell eher seltenen Fall der „Rückgängigmachung der Umschreibung einer Marke (Beschwerdeverfahren)“ wird eine Gegenstandswertsangabe unter Bezugnahme auf den Wert eines Widerspruchs-/Beschwerdeverfahrens gemacht. Dieses in der Praxis weit häufiger vorkommende Widerspruchsverfahren wird indes weder an dieser noch an anderer Stelle (auch nicht unter dem Buchstaben „W“) weiter besprochen sodass die Bezugnahme an genannter Stelle etwas in der Luft hängt. Diese Darstellungsart der Gegenstandswerte ist also an dieser Stelle wie auch insgesamt insoweit leider etwas inkonsistent. Hier besteht für die Folgeauflagen jedenfalls noch Überarbeitungsspielraum.

In seinen Ausführungen zu seinem Hauptthema, nämlich den allgemeinen Vorschriften und den einzelnen Vergütungsvorschriften des RVG ist der Kommentar indes sehr vollständig und gut handhabbar. Die allermeisten täglich denkbaren Konstellationen finden sich hier wieder, wie z.B. auch umfängliche Ausführungen zum Anfall einer Terminsgebühr bei mündlichen Besprechungen, wo sogar auf Klärungen per SMS, spontane Besprechungen, Besprechungen mit und ohne Gericht etc. pp. Bezug genommen wird.


Zum Thema des Gebührenrechts besteht viel Streitpotential und dieses wird auch ausgeschöpft. Entsprechend vielfältig sind die denkbar zu klärenden Konstellationen und die bereits ergangenen Gerichtsentscheidungen hierzu. Dies alles im vollen Umfang in einem Kommentar unterzubringen, würde sicherlich mehrere Bände erfordern, daher stellt es kein Manko des vorliegenden Werkes dar, wenn die ein oder andere Situation auch einmal nicht gebührenrechtlich durchdekliniert sein sollte. Gelesen und genutzt wird dieser RVG-Kommentar vom Praktiker und muss daher für den kurzen Zugriff geeignet sein. Dieses Ziel hatten die Herausgeber und Bearbeiter ganz offensichtlich im Sinne und dieses Ziel haben Sie auch erreicht. Anhand der Vielzahl der Beispiele und besprochenen Konstellationen in Verbindung mit den allgemeinen Erläuterungen zu den jeweiligen Normen und Gebührentatbeständen lässt sich für jede Situation eine Lösung ableiten, auch wenn sie nicht bereits abgedruckt ist. Den Gerold/Schmidt hierfür zu erwerben, kann der Rezensent alles in allem nur empfehlen. Auf den mehr als 2.000 Seiten bietet der Kommentar bei Weitem genügend Inhalt, um seinen Preis von 119,00 € zu rechtfertigen. Ein Standardwerk, das seine Bezeichnung als solches verdient.

 

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