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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

Rezension: Zivilrecht: AGB
Wolf / Lindacher / Pfeiffer, AGB-Recht, Kommentar, 6. Auflage, C.H. Beck 2013
von RA Florian Decker, Saarbrücken, Dezember 2013
 

„Der goldene Schlüssel zum Verständnis der allgemeinen Geschäftsbedingungen … ein höchst zuverlässiger und souveräner Ratgeber mit enormen Sachverstand und klarer Kante.“ Dieses Zitat von Herrn Kollegen RA W. Koch in seiner Rezension zur 5. Auflage in der Zeitschrift Schadenpraxis Heft 3/2009 findet sich auf der roten Banderole, mit der der klassisch in grau gehaltene Beck-Kommentar bei Lieferung geziert ist. Eine vollmundige Ankündigung, der das Werk aber auch gerecht werden muss, um den doch recht strammen Preis von 199,00 € zu rechtfertigen.
 
Ein erster Schritt wird hierzu durch den Umstand gegangen, dass das Werk über 2.500 Seiten umfasst, die sich allein und ausschließlich mit AGB-relevanten Vorschriften befassen und zwar nicht nur jenen aus dem BGB, sondern auch Vorschriften aus dem Unterlassungsklagengesetz, in dem die speziell gegen AGB gerichtete Verbandsklage geregelt ist. Auch werden Vorschriften des internationalen Privat- und Prozessrechts aufgenommen. Das Werk richtet sich an Richter, Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsjuristen, Bankjuristen, Verbandsjuristen, Hochschullehrer, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und an Verwaltungsjuristen (so die Programminformation des Verlags vom August 2013) und damit an alle außer augenscheinlich an Studenten der Rechtswissenschaften, die für eine Nutzung eines solchen Werkes theoretisch in Frage kommen. Da die Thematik aber in der Tat unglaubliche Zentralität in zivilrechtlichen Belangen genießt, ist der mögliche Nutzerkreis sicherlich nicht zu weit gefasst.
 
Das Werk widmet sich zunächst in einer Einleitung der Schaffung einiger Grundlagen, beschäftigt sich dabei z.B. mit der Frage, woher das Bedürfnis für AGB rührt. Auch auf Regelungen in ausländischen Rechtsordnungen wird kurz eingegangen. Sodann findet sich ein zweiter Teil zur Bedeutung der AGB im internationalen Geschäftsverkehr und Erläuterungen dazu, wie Rechtswahlen getroffen werden können, wie AGB bei Verträgen mit Auslandsbezug auszulegen sind etc. Im dritten Teil werden sodann die §§ 305 bis 310 BGB kommentiert und dies in angemessen breitem Umfang. Der vierte Teil befasst sich mit den Spezialitäten der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht und der fünfte Teil ist sozusagen das Prunkstück des Werkes und führt auf ca. 1.400 Seiten alphabetisch geordnet die verschiedensten Klauseln und Vertragstypen auf, die einzeln besprochen werden. Dort sind Besonderheiten wie die Bier- und Getränkebezugsverträge oder Konnossement-Klauseln ebenso enthalten wie Ausführungen zu den Banken-AGB, zu Bürgschaften oder auch zu Schriftformklauseln. Im sechsten Teil werden die einschlägigen Paragraphen des Unterlassungsklagengesetzes auf etwas mehr als 100 Seiten besprochen. Das Werk schließt im siebten Teil mit einer Darstellung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 05.04.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und natürlich mit einem umfänglichen Sachregister.
 
Die Darstellung an sich erfolgt in erwartbarer Weise und üblicher Kommentarmanier mit dem von Beck‘schen Kommentarwerken gewohnten, gut lesbaren Schriftbild, ohne viele Abkürzungen, mit vielen Fußnoten, Hervorhebungen usw. Unter § 305 BGB werden die Notwendigkeiten der Einbeziehung von AGB schön auseinandergesetzt. Zum Beispiel mit den konkreten Voraussetzungen der Einbeziehung befassen sich die Randnummern 67 bis 113 in allen denkbaren Schattierungen. Bei den Formen des Vertragsschlusses und insgesamt zu bemängeln ist allenfalls, dass die Darstellung der Besonderheiten des Internet etwas zu kurz kommt. Positiv hervorzuheben ist allerdings, dass zu den allermeisten Stichworten im Zusammenhang mit AGB Klauseln in dem Werk etwas zu finden sein wird. Sucht man beispielsweise im Sachindex nach dem in der Praxis oft hinterfragten Stichwort der „Rücklastschriftpauschale“ wird man zu Seite 636 geleitet, wo in der Kommentierung zu § 309 Nr.5 BGB so manches Beispiel für unwirksame Klauseln präsentiert ist und unter anderem nachgeschlagen werden kann, dass z.B. eine Pauschale von 25,00 € für jede Rückbuchung oder gar eine Rücklastschriftpauschale in Höhe von 50,00 € oder 15,00 € für unwirksam gehalten wurden. Die Fußnoten hierzu verweisen auf entsprechende höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung. Mit einigen kurzen Griffen ist also die rechte Normierung nebst zugehöriger Rechtsprechung aufgetan. Die Darstellung erfolgt in der Tat trennscharf und nachvollziehbar. Sucht man im Klauselteil (sozusagen in direkter Herangehensweise über die alphabetische Aufstellung), um ein weiteres Beispiel zu geben, nach dem Stichwort der Schriftformklausel, so finden sich unter den Randnummern „S 71“ (der Buchstabe vor der Randziffer bezeichnet immer die Einordnung in der alphabetischen Darstellung) bis „S 140“ umfangreiche Darstellungen zu den verschiedenen Facetten der Schriftformklausel und den damit einhergehenden Problemen. Nach allgemeinen Vorbemerkungen befasst man sich dort in eigenen Abschnitten mit der Auslegung und der Wirksamkeit für vertragliche Schriftformklauseln. Es werden Vollständigkeitsklauseln angesprochen. Es wird beleuchtet wie das Schriftformerfordernis abgedungen werden kann, wer die Beweislast in Streitigkeiten trägt und auch welche Besonderheiten zwischen Unternehmern gelten z. B. betreffend nicht konstitutive und konstitutive Schriftformerfordernisse. Dabei ist positiv anzumerken, dass jegliche Darstellung hier von vielen Nachweisen und (für die Praxis immer besonders willkommen) Beispielen durchsetzt geliefert wird.
 
Alles in allem sieht der Rezensent keinen Anlass, das eingangs zitierte Urteil des Kollegen zur fünften Auflage nicht zu stützen. Man kann sich dem auch zur sechsten Auflage nur anschließen. Wer im Zivilrecht tätig ist, wird stets mit AGB zu tun haben. Für den Praktiker ist hierzu gute Literatur unabdingbar notwendig. Ein normaler Kommentar kann nicht alle Varianten abdecken. Auch das vorliegende Werk ist dazu natürlich nicht in der Lage, es kommt aber sicherlich sehr nah an eine wirklich allumfassende Besprechung des Rechtsgebietes heran. Für den Vertragsrechtler und zu „neudeutsch“ mithin ein absolutes „must-have“.
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