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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

Rezension Zivilrecht: UWG
Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, UWG Kommentar, 3. Auflage, C.H. Beck 2013
von RA Florian Decker, Saarbrücken, Oktober 2013

Das „neue deutsche Wettbewerbsrecht“, wie es nach den massiven Reformen in den letzten Jahren ausgestaltet ist, ist Gegenstand des Werkes nun auch in der dritten Auflage. Der „Jüngling“ unter den Kommentarwerken zum UWG hatte dabei zwar nicht die Möglichkeit eine etwa noch zu füllende Lücke in der Literatur zu schließen, bietet aber ein durchaus bemerkenswertes Alternativwerk zu den bestehenden Kommentarwerken.

Nach dem Vorwort wie auch der Presseinformation zu urteilen, ist der angesprochene Nutzerkreis recht groß gehalten. In erster Linie versteht sich der Kommentar als Diener der täglichen Arbeit des Praktikers, schreibt sich aber auch gleichzeitig einen „wissenschaftlichen Anspruch“ zu. Ausdrücklich richtet man sich an Rechtsanwälte, Richter, Unternehmensjuristen sowie aber auch an alle anderen mit dem Wettbewerbsrecht befassten Personen. Trotz des wissenschaftlichen Anspruchs wird also klar gemacht, dass nicht der universitäre Bereich vornehmliches Ziel ist. Dies spiegelt sich auch im Kreis der Autoren wieder, der im allergrößten Anteil aus Richtern und Rechtsanwälten besteht, wenngleich ein großer Anteil der Autoren auch lehrend tätig ist.

In der dritten Auflage wurde die Neufassung des UWG nach der Reform vom 03.03.10, die unter anderem der Umsetzung der Richtlinien 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und auf der Umsetzung der Richtlinien 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung diente. Auch eine umfassende Erläuterung der schwarzen Liste ist natürlich enthalten.

Der Kommentar geht dabei im Grundsatz nicht anders vor als dies Kommentare schon lange tun. Man beginnt mit einem (allerdings recht kurz gehaltenen) Inhaltsverzeichnis, gelangt über Bearbeiterverzeichnis und umfängliches Abkürzungsverzeichnis sowie ein Verzeichnis der benutzten Literatur sodann zu einer Darstellung der Gesetzestexte von UWG und Preisangabenverordnung im Fließtext, um dann in eine umfangreiche Einleitung zu münden, die sich über ihre Teile A bis J und bis zur Seite 516 erstreckt. Es finden sich dort viele allgemeine Erläuterungen in lehrbuchartiger Manier aufbereitet, die dem Praktiker ein Argumentationsgerüst bieten können und auch den wissenschaftlichen Anspruch des Werkes stützen. Enthalten sind Kapitel über die Entwicklung und den gegenwärtigen Stand des deutschen Lauterkeitsrechts, das europäische Lauterkeitsrecht und dessen Entwicklung auf dem Weg zu einer Harmonisierung. Daran schließen sich allgemeine Erläuterungen zum internationalen Lauterkeitsrecht und auch sogar zum internationalen Lauterkeitsprozessrecht in dem z.B. die Frage der internationalen Zuständigkeit aufbereitet wird, was dem Praktiker im Einzelfall von großem Nutzen sein kann. Auch befasst man sich sodann mit dem Lauterkeitsrecht in internationaler Vereinbarung, wenn auch nur kurz. Gerade im Hinblick auf den immer internationaler werdenden Wettbewerb wird es immer öfter notwendig, sich das eine oder andere Mal mit Anknüpfungspunkten zu ausländischen Rechtsordnungen zu befassen. Deshalb wird man sich in besonderem Maße über die unter Teil F der Einleitung auf knapp 800 Randziffern dargestellten Ansätze zum Recht der Mitgliedsstaaten der EU freuen können. Dargestellt sind 26 Mitgliedsstaaten von Belgien bis Zypern geordnet, also alle Staaten außer Deutschland und dem erst seit dem 01.07.13 aufgenommenen Kroatien, was anhand des Erscheinungsdatums des Werkes nicht zu bemängeln ist. Die einzelnen Länder werden jeweils in ähnlicher Struktur aufbereitet. Man beginnt mit den Rechtsquellen einer Kurzcharakteristik der jeweiligen Wettbewerbsordnung, befolgt von einigen (dann teils variierenden) Unterabteilungen zu Werbung, Direktmarketing, Herabsetzung etc. pp. abgeschlossen von einem Kapitel zu Sanktionen und Verfahren in den einzelnen Ländern. In diesen Kurzdarstellungen lassen sich wertvolle Ansätze finden. Die Einleitung befasst sich sodann weiter mit der Stellung des Wettbewerbsrechts im Gesamtsystem, einigen medienspezifischen und produktspezifischen Regelungen und schließt ab mit berufsspezifischen Regelungen.

Sodann folgt das Kernstück, die eigentliche Kommentierung von UWG und Preisangabenverordnung (die im Werkstitel nicht auftaucht), gefolgt von drei erneut recht umfangreichen Anhangsteilen. Dort werden zunächst einige Gesetzeswerke und Verordnungen und Richtlinien im aktuellen Text aufgeführt, wie auch die zwei wesentlichen Vorfassungen des UWG dargestellt (von 1909 und 2004). Es folgen ein Abdruck der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 20.08.08 zum UWG 2008 sowie ein Fundstellenverzeichnis für Entscheidungen des EuGH und des BGH. Mit dem obligatorischen Stichwortverzeichnis endet das Werk.

Die Kommentierung der einzelnen Paragraphen läuft nach dem bekannten Muster ab. Nach einer Darstellung des Wortlautes der eigentlichen Vorschrift wird ein gesondertes Inhaltsverzeichnis gegeben, welches die Auseinandersetzung mit der Norm recht fein untergliedert. Dies erleichtert sicherlich die Findung eines Überblicks im Grundsatz. Allerdings wäre es wünschenswert gewesen, in den feinen Untergliederungen neben Randziffern auch Seitenzahlen zu benennen, da die Randziffern in den einzelnen Kommentierungen nicht überall durchlaufend sind. So ist z. B. bei § 4 mit seinen 11 Nummern eine Unterteilung der Kommentierung von § 4 in Buchstaben A bis L erfolgt, wobei bei jedem Einzelbuchstaben die Randziffern von 1 an wieder beginnen. In der Kopfzeile der Kommentarseiten sind die jeweiligen Buchstaben allerdings nicht genannt, sondern lediglich Paragraph und Randziffer angegeben. Im Inhaltsverzeichnis finden sich keine Seitennummern. So fällt es mitunter schwer, den Anfang des Abschnitts zum jeweiligen Buchstaben und damit die richtige Randziffer 1 zum gesuchten Teil des § 4 UWG zu finden. Von dieser formalen Kritik abgesehen, ist allerdings an der inhaltlichen Darstellung im Übrigen nichts zu bemängeln. Diese ist umfangreich und intensiv. Es wird mit angenehmer Sprache, hervorgehobenen Überschriften und Schlagworten und gut lesbarem Schriftbild gearbeitet. Dem Verfasser ist bei der Arbeit mit dem Werk kein Stichwort begegnet, das im Kommentar nicht an irgendeiner Stelle auch besprochen worden wäre.

Es mag zwar Problemstellungen geben, die in diesem Kommentar nicht, in anderen aber enthalten sind. Diese Fälle dürften jedoch sehr selten sein. Die Autoren haben sorgsam gearbeitet. Die Praxisorientierung kann man z.B. an einem sehr umfangreichen Teil der Kommentierung zu § 12 UWG ab Rn. 815 bis 905 ablesen, der sich ausschließlich mit der Thematik der „Streitwertschätzung“ befasst. Ein in der Praxis stets aufkommendes und immer hoch umstrittenes Thema versucht der Autor Retzer hier strukturiert und, ja, auch tatsächlich mit Zahlen, konkreten Streitwerten also, versetzt, darzustellen. Dies gelingt ihm auch. Er beschäftigt sich zunächst mit dem Ausgangsproblem der Schätzung nach § 3 ZPO als „lex generalis“, führt dann zum Streitwert der Unterlassungsklage aus, gefolgt von der Frage, wie der Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens hierzu steht, wie auch der Frage, was bei einem nebeneinander von Herausgabe- und Verfügungsverfahren zu beachten ist. Die Praxistauglichkeit ergibt sich dann vor allem daraus, dass eine Rechtsprechungsübersicht geliefert wird, in der die Aussagen der deutschen Oberlandesgerichte zusammengefasst werden, was diese Verhältnisse zueinander, Regelstreitwerte etc. pp. angeht. Auch mit den Erfordernissen von Klagehäufungen, Feststellungsklagen, Auskunfts- und Rechnungslegungsklagen, Beseitigungsklagen, Ordnungsmittelandrohungen mit der Zwangsvollstreckung und der Erledigung der Hauptsache sowie mit Rechtswegstreitigkeiten setzt man sich auseinander. Ein wirklich reichhaltiger Fundus.

Alles in allem kann für das Werk also nur eine vollumfängliche Empfehlung ausgesprochen werden. Einziger Wermutstropfen ist der doch recht stolze Preis von 249,00 € pro Stück, der damit einigermaßen deutlich über dem Preis der meisten, in Umfang und Akzeptanz vergleichbaren, Konkurrenzwerke liegt.
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